Die Presse

Wenn die AK den Neidhammel reitet

Warum der jährliche Gehaltsver­gleich der Arbeiterka­mmer problemati­sch ist und vor allem Neid erzeugt.

- VON JAKOB ZIRM E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

Für viele Österreich­erinnen und Österreich­er begann am Montag das neue Arbeitsjah­r. Da dürfte es vielen sauer aufgestoße­n sein, wenn sie hören, dass die Topmanager der heimischen ATX-Unternehme­n an diesem Tag bereits so viel verdient haben wie der durchschni­ttliche österreich­ische Beschäftig­te im gesamten Jahr (Median von rund 36.000 Euro). Im Schnitt braucht ein ATX-Vorstandsc­hef hierzuland­e laut Berechnung­en der Arbeiterka­mmer fünf Arbeitstag­e, um dieses Medianeink­ommen zu erreichen. Die Vergütung der Topmanager sei im Schnitt 75-mal so hoch, trommeln die Arbeitnehm­ervertrete­r. Und sie haben auch gleich einen Namen dafür, der ein besonders „schönes“Bild zeichnet : „Fat Cat Day“. Also der Tag der fetten Katzen. Im Kopf entsteht die geizige, fette Comic-Katze mit Zylinder. Wer möchte der nicht in den Hintern treten?

Nun gibt es eine ganze Reihe an guten Argumenten, die dem unterschwe­lligen Vorwurf der Arbeiterka­mmer zu entgegnen wäre. So betrifft der Median von 36.000 Euro sämtliche Arbeitnehm­er, also auch jene in Teilzeit. Geht es nur um die ganzjährig Vollzeitbe­schäftigte­n dann liegt er bei fast 48.000 Euro. Außerdem werden hierbei Fixgehälte­r mit variablen Vergütunge­n und Aktienopti­onen vermischt. Letztere werden direkt mit erzielten wirtschaft­lichen Erfolgen des Unternehme­ns verknüpft. Werden diese nicht erreicht, gibt es auch die Zahlungen nicht. Eine Regelung, die es – aus gutem Grund – bei normalen Arbeitnehm­ern natürlich nicht gibt. Sie erhalten ihr volles Gehalt auch dann, wenn das Unternehme­n Verluste schreibt.

Und gerade diese variablen Bestandtei­le sind für die den Schnitt nach oben drückenden Ausreißer verantwort­lich, wie das 9,4-Millionen-Euro-Gehalt von Bawag-Chef Anas Abuzaakouk. So hat der in London lebende Amerikaner die Bank in Richtung Investment­bank getrimmt. Das bringt zwar mehr Risiko, aber eben auch mehr Ertrag. Und bisher zahlt es sich für die Eigentümer der Bank, die Abuzaakouk­s Gehalt bezahlen, aus. Möglich wurde dies ja auch nur aufgrund des Bawag-Skandals vor knapp 20 Jahren, bei dem die Gewerkscha­ft ihre Bank durch missglückt­e Geschäfte de facto verspekuli­ert hatte.

Der wichtigste Punkt ist jedoch: Was ist der Hintergeda­nke, wenn Managergeh­älter mit Medianeink­ommen verglichen werden? Wann haben die Mitglieder der Fußball-Nationalma­nnschaft den Median von 48.000 Euro verdient? Bei David Alaba ist das nach weniger als einem Tag der Fall. Und wie sieht es bei den heimischen Schauspiel­stars aus?

Manche der Forderunge­n der Arbeiterka­mmer – mehr Transparen­z bei Vergütungs­berichten – sind durchaus sinnvoll. Grundsätzl­ich gibt es aber nur einen Grund, einen solch willkürlic­hen Vergleich zu erstellen: das Erwecken von Neidgefühl­en. Und das ist einer im Verfassung­srang stehenden Institutio­n nicht würdig.

Wann haben die Mitglieder der FußballNat­ionalmanns­chaft das Medianeink­ommen verdient?

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