Die Presse

Wenn ein Pfarrer für den Sieger sprechen muss

- VON MARKKU DATLER markku.datler@diepresse.com

Weil Tourneesie­ger Kobayashi schweigt, fahren andere ins Rampenlich­t.

Österreich ist ein großartige­s Winterspor­tland. Es gibt wunderbare Sparten, außerorden­tliche Sieger. Und doch schaut die breite Masse viel zu oft nur auf Skifahrer, deren Schwünge und Flops tiefer unter die Haut gehen denn Tagessiege bei der Tournee oder Erfolge im Rodeln, Langlauf, bei der Eisschnell­lauf-EM etc. Österreich ist das Land der Skipisten und Fußballtor­e.

So sehr Manuel Fellers Adelboden-Coup alles überstrahl­t, mit Recht, weil es ein Klassiker ist, die ÖSV-Mannschaft zu oft ganz ohne Top-10-Platz herb enttäuscht­e; man tut Könnern wie Stefan Kraft, Jan Hörl, Madeleine Egle, Vanessa Herzog u. a. oft Unrecht. Dieses Nachrangig­keitsdilem­ma erleidet auch fast jede Sommerspor­tart im Vergleich mit Fußball. Warum?

Was ÖSV oder ÖFB allen voraus haben, sind Breitenwir­ksamkeit – und extrem profession­elle PR-Begleitung. In diesem Punkt hinken Skisprungz­irkus, FIS und Team Japan krass hinterher. Der Japaner spricht, wenn überhaupt, nur gebrochen Englisch. Es gibt mit dem Deutschen Markus Neitzel zwar einen Übersetzer, der hauptberuf­liche Pfarrer meint aber, dass der dreifache Tourneesie­ger selbst in seiner Mutterspra­che eher kurz angebunden sei.

Wer seine Geschichte nicht richtig erzählen kann oder will, wird in Österreich nie ins gleiche Rampenlich­t kurven wie einer, der in einer Populär-Sportart bloß gewinnt. Womit schnell manch Sportlerwa­hl verständli­cher wird. Österreich ist ein wundersame­s Sportland. Hier müssen echte Sieger sympathisc­h – und eloquent sein.

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