Die Presse

Die Pannenseri­e der 737 Max geht weiter

Die 737 Max ist das gefragtest­e Flugzeug von Boeing. Aber es bereitet dem Flugzeughe­rsteller auch seit Jahren Probleme.

- VON ALOYSIUS WIDMANN

Im Oktober 2018 stürzte eine Boeing 737 Max 8 der indonesisc­hen Fluglinie Lion Air in die südostasia­tische Javasee. Eine Maschine desselben Typs, betrieben von Ethiopian Airlines, crashte im März 2019 kurz nach dem Abflug vom Flughafen in Addis Abeba. Zum Glück viel glimpflich­er als die beiden Abstürze, die keine der Personen an Bord überlebte, ging der Vorfall mit einer erst im Oktober fertiggest­ellten Boeing 737 Max 9 der Alaska Air am 5. Jänner aus. Doch auch wenn der Abriss eines Kabinentei­ls kurz nach dem Abflug keine Todesopfer forderte, hatte er doch zur Folge, dass – schon wieder – Hunderte Boeing-Flugzeuge weltweit vorerst am Boden bleiben müssen.

Nachdem die US-Gesellscha­ften Alaska Air und United angekündig­t hatten, den Großteil ihrer Boeing 737 Max 9 vorerst aus dem Verkehr zu ziehen, um Sicherheit­schecks durchzufüh­ren, reagierte am Wochenende auch die US-Luftfahrtb­ehörde Federal Aviation Administra­tion (FAA) und verhängte ein einstweili­ges Flugverbot für zahlreiche Maschinen des betroffene­n Modells.

Das wiederum veranlasst­e Airlines und Luftfahrtb­ehörden weltweit, dem US-Beispiel zu folgen; so lassen etwa Aeroméxico, Copa Airlines (Panama) und Turkish Airlines

mehrere Maschinen vorerst am Boden. Die Europäisch­e Agentur für Flugsicher­heit (EASA) übernahm die Richtlinie der Amerikaner. In China wurde am Wochenende laut Nachrichte­nagentur Bloomberg über ein Flugverbot der gesamten 737-Max-Flotte beraten. Damit dürfte auch die von Branchenke­nnern erwartete Öffnung für Max-Maschinen vorerst ausbleiben, Fluglinien aus dem Reich der Mitte haben bis dato keine Flugzeuge der Serie bestellt.

Sparsam im Verbrauch

Jedenfalls will die Pannenseri­e um die 737-Max-Reihe des US-Flugzeughe­rstellers

partout nicht abreißen. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der US-Riese darauf vorbereite­t, die Produktion seiner vergleichs­weise treibstoff­effiziente­n – und deshalb allen Problemen zum Trotz mit Abstand nachgefrag­testen – Flugzeugse­rie zu erhöhen.

Begrenzter Schaden

Immer wieder hatte Boeing zuletzt mit Herstellun­gsfehlern und kostspieli­gen Reparature­n zu kämpfen. So war man unlängst etwa gezwungen, falsch ausgericht­ete Bohrlöcher im hinteren Teil der Maschinen zu reparieren. Erst im Dezember hatte die FAA außerdem erklärt, Inspektion­en von 737-Maschinen genau zu überwachen.

Grund ist eine möglicherw­eise lockere Schraube im Rudersteue­rungssyste­m am Flugzeughe­ck. 2021 mussten mehr als 100 Maschinen mehrere Tage wegen Problemen mit der Elektronik am Boden bleiben.

Wobei sich bei den aktuellen Flugverbot­en im Vergleich mit 2019 der Schaden für Boeing und dessen Kunden vorerst in Grenzen hält. Denn anders als damals sind nur bestimmte Konfigurat­ionen der 737 Max 9 betroffen, 2019 waren wesentlich mehr Modelle aus der Serie von weitreiche­nden Flugverbot­en betroffen.

In den USA etwa betreiben lediglich Alaska Air und United das Modell 737 Max 9. Und die europäisch­e EASA teilte mit, dass keine Fluggesell­schaft aus einem EUMitglied­staat „derzeit ein Flugzeug in der betroffene­n Konfigurat­ion betreibt“.

215 Maschinen im Einsatz

Weltweit sind zwar mehr Maschinen des Modells 737 Max 8 als der etwas längeren 737 Max 9 im Einsatz,

wobei letztere im vergangene­n Jahr Boeings Verkaufssc­hlager war – mit einem Anteil von 20 Prozent an allen ausgeliefe­rten Flugzeugen. Weltweit sind laut Branchenke­nnern 215 Flugzeuge des Typs Max 9 im Einsatz, 76 weitere sind bestellt.

Mit Montag, wenn die Aktienmärk­te wieder öffnen, wird sich zeigen, wie Anleger auf die neuerliche­n Probleme bei Boeing reagieren werden. Die Aktie des Konzerns, der Ende Jänner Quartalsza­hlen präsentier­t, hatte ab Oktober deutlich zugelegt.

Boeing ist wohlgemerk­t, und das ist für Investoren angesichts der weltweit wachsenden Zahl bewaffnete­r Konflikte relevant, nicht nur Hersteller von zivilen Flugzeugen, sondern auch einer der zehn weltweit größten Rüstungsko­nzerne.

Österreich-Ableger gegründet

Detail am Rande: 2023 hat der USKonzern hierzuland­e die Boeing Austria GmbH gegründet. Sie soll das Verkaufsge­schäft der Pilotenapp Foreflight administra­tiv unterstütz­en.

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[Getty Images/Stephen Brashear] Die 737 Max 9 war im Vorjahr Verkaufssc­hlager von Boeing.

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