Federkleid, Nervenkostüm und viel Fluggefühl
Stefan Kraft gilt als Favorit, mit Schmerztabletten und Druck kann der Salzburger umgehen. Besteht er in Oberstdorf und kann seinen „Garmisch-Fluch“ablegen, ist der Weltcupleader nur schwer abzufangen.
Egal, wie sehr der Rücken zwickt: Hebt die Vierschanzentournee an, beißt der Salzburger Stefan Kraft die Zähne zusammen. Fünf von acht Konkurrenzen hat der Pongauer, 30, in dieser Saison schon gewonnen. Er führt im Weltcup, ist guter Dinge und der Wunsch, den Schanzenklassiker zum zweiten Mal nach 2015 zu gewinnen, der ist ihm von den Augen abzulesen. Damit dieser Plan gedeiht, ist heute ein guter Auftakt in Oberstdorf (17.15 Uhr, live ORF1) unerlässlich. Und, das weiß Österreichs bester Skispringer, dafür muss er einem „Fluch“ein Ende bereiten.
Kraft, dessen aktuelles Hoch mit Talent, Können, der richtigen Balance von Muskeln und enormem Fluggefühl, vor allem aber mit der 3-D-Scan-Technik, mit der heuer alle Anzüge im Feld vermessen werden und Athleten darob nicht mehr tricksen können, erklärt ist, gluckste beim Talk im Hotel Sonnenburg. Er fühle sich wohl, der 1,70 Meter große, 56 Kilogramm schwere Springer, der seit 2012 im Weltcup unterwegs ist und zweimal die Gesamtwertung (35 Einzelsiege) gewinnen konnte, schien auch mental zufriedener denn je.
Über den Gudiberg fliegen
Ruhig, besonnen, seit Sommer verheiratet, auch dank neuer Tattoos glücklich; Kraft wirkte selbstbewusst. Der Sieg in Engelberg vor Weihnachten zeigte ihm, dass er trotz Schmerzen konkurrenzfähig sei, die Abstimmung passe.
Im Allgäu wolle er sich präsentieren, quasi Kraft tanken, um in Garmisch-Partenkirchen im neuen Jahr auch im neuen Glück zu landen. Das Neujahrsspringen ist seit 2017 und dem letzten Podestplatz dort nicht mehr sein liebstes Event. Auf dem Gudiberg war Krafts Traum als enttäuschender 31., 49., 13., 28. und 18. jäh geplatzt. „Es ist sehr schwer, die Tournee zu gewinnen“, weiß Kraft, der die Rolle des Favoriten mit Stolz trägt. Dass er nach acht Saisonbewerben vor dem deutschen Trio Andreas Wellinger, Pius Paschke und Karl Geiger im Weltcup führt, gebe Zuversicht. 21 der 24 Stockerlplätze in diesem Winter gingen an Österreicher und Deutsche, Garantie dafür, dass es bei der Tournee auch so sein wird, gibt es jedoch keine.
Er nimmt Abstriche in Kauf
Von der Schattenbergschanze vor 25.000 Zuschauern zu springen sei für ihn wie eine Initialzündung. Dafür hat er sich auch über Weihnachten geschont und Spezialisten besucht, der Rückenschmerzen wegen. Ohne Abstriche sei Skispringen derzeit nicht möglich, so ehrlich war der dreimalige Weltmeister und Skiflug-Weltrekordhalter (253,5 m). Das Volleyballspielen vor Bewerben falle momentan aus.
Auf den Gesamtsieger der Tournee wartet neben dem „Goldenen Adler“eine Prämie über 100.000 Franken (105.000 €). Hinzu kommen die üblichen Weltcup-Preisgelder und 3160 Euro für den Sieger der Qualifikation. (fin)