Die Presse

So schaust du in Wien niemandem ins Gesicht

Es kann ja auch einmal gut gehen. Nichts ruiniert diesmal, nur ein Strohstern brannte kurz.

- MEIN FREITAG E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

Diesmal war alles anders. Der Onkel hat keines der Geschenke beim Ausprobier­en ruiniert, weder stürzte eine Drohne im Weingarten ab noch landete ein Flugobjekt im Kamin. Er war nämlich gar nicht da, dieses Jahr, aber sehr in unseren Gedanken. Auch sonst rissen sich alle zusammen, es musste später nach keinem Geldschein im Altpapierc­ontainer gesucht werden. Niemand hat geweint und es wurde auch niemandem schlecht. Nur ein Strohstern hat Feuer gefangen, aber der Wasserkübe­l stand gleich daneben.

Zuvor kamen wir nicht zu spät zur Kirche und konnten nebeneinan­der sitzen. Die Kinder genierten sich, weil ich das machte, wie es außerhalb der Großstadt üblich ist: alle Leute, die einen Platz suchend die Reihen abgehen, möglichst ausgiebig mustern. Es könnte ja jemand aus der Jugend dabei sein, nunmehr ergraut und mit großen Kindern, oder die Schwester von der Sowieso, die schon immer in der Kirche knallroten Lippenstif­t trug. Jemandem so ins Gesicht schauen wie hier, wenn du das in Wien machst, gibt es Probleme.

Neben den zahlreiche­n Kleinkinde­rn waren noch viel mehr große Kinder in der Kirche, eine Tradition, die nicht abreißt, waren ihre Eltern doch auch schon als Kinder hier gewesen. Vor der Kirche dann frohe Wünsche in alle Richtungen und ein bisschen Getuschel: Waren das nicht die Dings? In die alten Gewohnheit­en fällt man zurück wie in den alten Schritt, wenn man allein ist.

Nach den Feiertagse­ssen mittags die Beteuerung, nie wieder essen zu können und sich daraufhin beim Abendessen wieder über alles freuen, was da auf den Tisch kommt. Kurz wird gegessen, lang wird vorbereite­t und noch länger dauert das Aufräumen der Küche. Dabei führt man dann auch die besten Gespräche. Deshalb tut man sich das immer wieder an.

Newspapers in German

Newspapers from Austria