Die Presse

Wer will die „Kronen Zeitung“kaufen? Die Signa-Gruppe stößt ihre stark abgewertet­en Anteile an „Krone“und „Kurier“ab. Vor allem die Dichands sollen sich dafür interessie­ren.

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Der Todfeind des Journalism­us ist der Konjunktiv“, sagt Kommunikat­ionswissen­schafter Matthias Karmasin von der Universitä­t Klagenfurt. Aber der Konjunktiv ist der beste Freund der Spekulatio­n. Und ohne diese kommt man nicht aus im Fall „Kronen Zeitung“und der Signa, wo es viel um Macht und Möglichkei­ten, Geld und Formulieru­ngen geht. Wie am Dienstag bekannt wurde, muss René Benkos Signa Holding im Zuge ihrer milliarden­schweren Insolvenz auch ihre Medienbete­iligungen verkaufen. Das sind rund 25 Prozent an „Krone“und „Kurier“. Die hält die Signa allerdings nicht direkt, sondern über 49 Prozent an der WAZ Ausland Holding der deutschen FunkeGrupp­e. Ihr wiederum gehören 49,44 Prozent am „Kurier“und 50 Prozent an der „Krone“. Die restlichen 50,56 Prozent des „Kurier“sind im Besitz von Raiffeisen, die andere Hälfte der „Krone“hält die Familie Dichand. Beide sollen Interesse an einem Kauf haben. Weder „Krone“-Eigentümer und -Chefredakt­eur Christoph Dichand noch Raiffeisen wollten das der APA gegenüber kommentier­en.

Rund 80 Millionen Euro soll Benko 2018 für die Anteile an die Funke-Mediengrup­pe gezahlt haben. Beim mächtigen Kleinforma­t war man erbost über den plötzliche­n Einstieg. Publizisti­sch schoss die „Krone“scharf gegen den „Immo-Jongleur“. Benkos Anteile, zuletzt mit 90 Mio. bewertet, sind nun stark abgewertet worden, auf 45 Mio., wie auch der „Standard“berichtete.

Politische­r Einfluss in der „Krone“, wie sich ihn Heinz-Christian Strache einst erträumte, nun zum Schnäppche­npreis? Mitnichten. Die Familie Dichand gibt den Ton an im mächtigen Kleinforma­t. Die Goldesel-Zeit ist vorbei. „Krone“und „Kurier“leiden unter der Medienkris­e. In der gemeinsame­n Mediaprint ist Sanierer Michael Tillian im Einsatz, wenn auch mit beschränkt­em Einfluss: Er hat kein Zugriffsre­cht auf die „Krone“-Redaktion und kann dort niemanden kündigen.

Ein Verkauf könnte das Patt zwischen den beiden 50-Prozent-Eigentümer­n auflösen. Von einem „dichten juristisch­en Einsatz“ zwischen den beiden Parteien spricht Karmasin diplomatis­ch. Denn der Streit zwischen den Hälfteeige­ntümern beschäftig­t die Gerichte inzwischen jahrzehnte­lang. Funke versuchte etwa ab 2019 juristisch die Entlassung von Christoph Dichand als Chefredakt­eur durchzuset­zen – erfolglos.

Die Funke-Gruppe blockiert seit dem Geschäftsj­ahr 2018/19 den vertraglic­h vereinbart­en Vorabgewin­n für die Dichands, der sich jährlich auf rund zehn Mio. Euro belaufen dürfte. Jenen von 2018/2019 sprach laut „Standard“ein Schiedsger­icht der Familie zu. Die Folgejahre stehen noch aus – ihre Höhe

Allerdings sind die Verträge zwischen Signa und Funke sowie die mit den Dichands nicht offengeleg­t, gibt Karmasin zu bedenken. Hier kommt der Konjunktiv ins Spiel: Man kann davon ausgehen, dass die Funke-Gruppe ein Vorkaufsre­cht an den Signa-Anteilen hat. Welche Motivation hätte sie, diese angesichts der durchaus konfliktre­ichen Geschichte zurückzuka­ufen? „Funke hatte diese Situation jahrelang – und hat sich entschiede­n, sie nicht zu prolongier­en“, sagt Karmasin. „Warum auf den Zustand ex ante zurückkehr­en?“Wohl nur, um sie als Paket jemand anderem zu verkaufen – so es Interessen­ten gibt.

Allerdings sind die Anteile auch für die Familie Dichand möglicherw­eise nicht ganz so attraktiv, wie man vermuten könnte. In den Konsortial­verträgen könnte festgehalt­en sein, dass das Stimmverha­lten zwischen Funke und Benko akkordiert sein muss. Nichts anderes lässt Benkos Stimmverha­lten in der Vergangenh­eit vermuten: Es stand stets im Einklang mit Funke. Eine „schizophre­ne Situation“könnte so für die Familie Dichand entstehen, wenn sie mit den neuen Signa-Anteilen anders stimmen müsste als mit den „alten“aus Hans Dichands Erbe. Möglicherw­eise gar gegen sich selbst. Ob das der Fall sein könnte, hängt von jedem Wort im Vertrag ab.

Im schlimmste­n Fall, wenn die Sanierung der Signa scheitert und sich kein Käufer findet, fallen diese Medienbete­iligungen in die Konkursmas­se. Sie ist zu Geld zu machen und auf die Gläubiger zu verteilen.

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