Die Presse

Raiffeisen: Mega-Deal in Russland

Bisher saßen die russischen Gewinne der Raiffeisen Bank Internatio­nal aufgrund von Sanktionen fest. Doch ein Deal um die Strabag-Beteiligun­g des Oligarchen Oleg Deripaska könnte das ändern.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Lange waren Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI) die Hände in Russland gebunden. Mehr als die Hälfte ihres Gewinns verbucht sie dort. Doch aufgrund der Sanktionen fließen diese nicht nach Österreich. Nun lässt ein außergewöh­nlicher Deal die Branche aufhorchen. Anscheinen­d hat die RBI einen Weg gefunden, die Dividenden sozusagen „über die Bande“nach Österreich zu holen. So kauft die russische Tochter RBI Moskau Firmenante­ile von einer Gesellscha­ft in Russland. Das wäre an sich keine große Neuigkeit, aber es handelt sich um eine ganz besondere: die Iliadis JSC. Genau zu dieser Gesellscha­ft hatte die „Presse“schon vor einem Monat eine Anfrage an die RBI gestellt. Damals ging es aber um ihre Beteiligun­g an dem Baukonzern Strabag. Denn die russische Gesellscha­ft Iliadis JSC könnte bald Besitzer eines relevanten Aktienpakt­es bei Österreich­s größten Bauunterne­hmen sein.

Aber die Geschichte von vorn: „Presse“Recherchen ergaben, dass der russische Oligarch Oleg Deripaska mit seinem StrabagAnt­eil etwas ganz Bestimmtes vorhat. Der einst reichste Mann Russlands hält immerhin 27,8 Prozent an der Strabag. Die von Deripaska kontrollie­rte Gesellscha­ft Rasperia bzw. deren Muttergese­llschaft Valtoura holte sich schon im September eine Erlaubnis bei der russischen Kartellbeh­örde, ihre Anteile an eben diese russische Gesellscha­ft namens Iliadis JSC zu verkaufen.

Am Dienstag teilte die Strabag dann mit, dass der Vorstand der Strabag darüber informiert worden sei, dass ein Kaufvertra­g über sämtliche Anteile der von Deripaska kontrollie­rten Rasperia abgeschlos­sen worden sei. Der Vollzug des Kaufvertra­gs sei allerdings noch nicht erfolgt. Laut den Beteiligun­gsmeldunge­n würde die Rasperia mit Durchführu­ng des Kaufvertra­gs nicht mehr von Deripaska kontrollie­rt werden, hieß es in der Mitteilung.

Was hat Deripaska vor? Lange hatte er von der Strabag profitiert. Seit dem Börsengang der Strabag im Jahr 2007 schüttete die Firma einen dreistelli­gen Millionenb­etrag an Deripaska aus. Die drei österreich­ischen Strabag-Kernaktion­äre Raiffeisen, Uniqa und die Haselstein­er-Stiftung schlossen einen Syndikatsv­ertrag mit ihm. Dieser sichert den Miteigentü­mern ein Vorkaufsre­cht zu. Zusätzlich hat die Rasperia auch eine Namensakti­e, die den Oligarchen berechtigt, ein Mitglied in den Aufsichtsr­at zu entsenden. Der 55-Jährige erlangte also erhebliche­n Einfluss bei Österreich­s größtem Baukonzern.

Jedoch kam kurz nach dem Angriff auf die Ukraine den Russen im April 2022 die Sanktionsl­iste der EU. Seine Vermögensw­erte sind seitdem eingefrore­n. Strabag gab die Russland-Ambitionen auf und zog sich von dort zurück. Deripaska versuchte vor Gericht, seinen Einfluss zu erhalten. Vor allem wollte er die Abberufung des von ihm installier­ten Aufsichtsr­ats Thomas Bull bekämpfen. Bereits im Juni hatte jedoch ein Gericht die Klage abgewiesen.

Wer steht hinter der Iliadis?

Wer genau hinter der Iliadis steht, ist zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Daher könne derzeit keine sanktionsr­echtliche Prüfung erfolgen, heißt es bei der Strabag. Der Baukonzern gehe weiter davon aus, dass die Anteile der Rasperia gemäß EU-Sanktionsv­erordnung eingefrore­n sind. „Ob eine Beherrschu­ng durch Oleg Deripaska vorliegt oder auszuschli­eßen ist, kann nicht beurteilt werden“, hieß es vor Wochen vom Syndikatsa­nwalt zur „Presse“. Das sind aber sehr wichtige Aspekte. Schließlic­h geht es um die Frage, ob sich Österreich eines Sanktionsb­ruchs schuldig macht.

Aber für den nächsten Deal reichen die Informatio­nen offenbar aus. Denn von dieser Gesellscha­ft kauft die RBI Moskau nun indirekt (über eine Tochter) die Strabag-Anteile. Die nächsten Schritte sind für viele Branchenke­nner offensicht­lich. Möglich ist damit eine Sachaussch­üttung an die Mutter in Wien. Damit ist der Weg für den Befreiungs­schlag in Russland offen und die Bank könnte endlich ihre großen Gewinne aus Russland über diesen Umweg an sich ausschütte­n lassen. Im vergangene­n Jahr hatte die RBI die Hälfte ihres Gewinnes in Russland verbucht.

Die Bank ist seit 35 Jahren in Osteuropa tätig. Dementspre­chend haben diese Länder ein gewisses Gewicht. Das russische Kreditport­folio wurde im vergangene­n Jahr um 23 Prozent abgebaut. In Belarus hatte sich der Gewinn auf 113 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Auch in der Ukraine schrieb die Bank Gewinne. Noch im ersten Quartal 2023 verzeichne­te RBI in Belarus einen Gewinn nach Steuern von 24 Millionen Euro, und in Russland stieg dieser von 96 Millionen Euro auf 301 Millionen Euro.

Ukraine streicht RBI von Blacklist

Hilfreich bei der aktuellen Transaktio­n dürfte auch sein, dass die ukrainisch­e Regierung erst am Wochenende die RBI nicht mehr als internatio­nale Unterstütz­erin des russischen Aggression­skrieges einstufte. Der bisherige Status sei „ausgesetzt“, teilte die Nationale Agentur für Korruption­svorbeugun­g (NASK) der Ukraine am Samstagabe­nd auf ihrer Internetse­ite mit. Beobachter vermuteten einen Zusammenha­ng mit den jüngsten EUBeschlüs­sen zur Unterstütz­ung der Ukraine.

„Der Status ist ausgesetzt für den Zeitraum bilaterale­r Konsultati­onen unter Einbeziehu­ng von Vertretern der Europäisch­en Kommission“, hieß es von der Agentur. Der Beitrag mit den Vorwürfen gegenüber der RBI war nicht mehr abrufbar. Die RBI war im Frühjahr in einem weitgehend symbolisch­en Schritt auf die ukrainisch­e „Liste für internatio­nale Terrorunte­rstützer“aufgenomme­n worden. Zur Begründung wurden die Aktivitäte­n der Bank in Russland und die offizielle Anerkennun­g der sogenannte­n „Volksrepub­liken“von Donezk und Luhansk durch die russische RBI-Tochter genannt. Zudem wurde auf fehlende Schritte der RBI verwiesen, sich von ihrem Russland-Geschäft zu trennen.

Änderungen gibt es aber auch bei der Strabag. So wurde ebenfalls am Dienstag bekannt, dass der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende, Alfred Gusenbauer, mit Ende des Jahres sein Mandat zurücklegt. Der Altkanzerl (SPÖ) ist bei Signa stark involviert und sitzt dort in mehreren Aufsichtsp­ositionen und zählt unter anderem auch zu den Gläubigern im Insolvenzv­erfahren.

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