Erst Detektiv fand Kind: OGH hilft Vater
Mutter brachte Sohn nach Spanien. Österreichs Justiz sei zuständig, sagen Höchstrichter.
Es war ein Julitag, an dem ein Wiener nach Graz fuhr, um dort sein Kind von der Schule abzuholen. Die beiden sollten gemeinsam in den Urlaub fahren, das stand dem Mann laut einem Gerichtsbeschluss auch zu. Doch das Kind war nicht mehr aufzufinden. Die Mutter teilte dem Vater nur mit, dass sie eine ernste Gefahr für das Kind sehe und es deswegen nicht mit dem Papa auf Urlaub fahren dürfe.
Erst ein vom Vater engagierter Detektiv fand heraus, wo genau der Sohn ist. Die Mutter war mit ihm nach Spanien gezogen. Während der Vater nun in Spanien ein Verfahren führte, um sein Kind wiederzusehen, klagte er in Österreich die Mutter auf Schadenersatz. Konkret auf die Kosten, die ihm zur Auffindung des Sohns und zur Durchsetzung des Kontaktrechts entstanden waren. Zwei Instanzen befanden aber, dafür nicht bzw. nur teilweise zuständig zu sein. Dabei wären sie zur Gänze zuständig, wie nun der Oberste Gerichtshof (OGH) sechs Jahre nach Verschwinden des Kindes klarmacht.
Der Vater fordert Fahrt-, Detektiv-, Übersetzungs-, Gerichtsund Vertretungskosten in Höhe von knapp 12.400 Euro ein. Das Bezirksgericht Graz-Ost meinte, laut der EuGVVO, einer europäischen Verordnung über Gerichtszuständigkeiten, nicht entscheiden zu können. Denn der Vermögensschaden des Manns sei in Spanien eingetreten. Das Grazer Landesgericht für Zivilrechtssachen meinte, für die Detektivkosten und für die dem Vater damals durch die Fahrt nach Graz entstandenen Kosten zuständig zu sein, aber nicht für den Rest.
Die Pflicht bestand in Graz
Laut der EuGVVO kann man Personen, die in anderen EU-Ländern wohnen, unter bestimmten Voraussetzungen im Inland klagen. Etwa dann, wenn die unerlaubte Handlung an dem heimischen Ort erfolgte und sie dort einen Schaden verursacht hat.
Nun war die Mutter allein obsorgeberechtigt, sie durfte grundsätzlich sogar den Wohnsitz des Sohns nach Spanien verlegen. Aber hier gehe es nicht um den Wohnsitz, meinte der OGH (8 Ob 108/22y). Sondern darum, dass die Mutter es unterlassen habe, dem Vater das Kind wie gerichtlich aufgetragen für den Urlaub zu übergeben. Diese Handlung hätte in Graz gesetzt werden müssen. Daher müsse das dortige Bezirksgericht über den gesamten daraus folgenden Schaden urteilen, selbst wenn Teile davon erst in Spanien eintraten. (aich)