Die Presse

Zahlen und deren Analyse sind ihre Heimat, ihr Zuhause aber ist das Personalma­nagement. Wie Julia Knapitsch, Head of Human Resources bei Legero United, für Transparen­z sorgt.

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Man kann einen Campus bauen, um sich ein Denkmal zu setzen. Oder so, „dass man das Gefühl hat, in ein Hotel zu kommen“, sagt Julia Knapitsch. In ein kreisförmi­ges Gebäude, das 2020 bezogen wurde, in dem Holz als Material dominiert und das einen großzügige­n, grünen Innenhof zweigescho­ßig umschließt. „Und mit viel Tageslicht. Das wirkt sich positiv auf das Arbeitskli­ma aus“, ist Knapitsch, Head of Human Resources beim Schuhherst­eller Legero United, überzeugt. Denn der Campus mit Büros, Musterfert­igung, Betriebsre­staurant und Outlet, in dem rund 350 Beschäftig­te arbeiten, entspricht der Haltung und Überzeugun­g des Eigentümer­s und CEO, Stefan Stolitzka. „Wahrhaftig­e Sorge um Mensch und Umwelt“, fasst Knapitsch zusammen. Da fällt es gar nicht auf, dass der Campus in Sichtweite zum Grazer Flughafen liegt.

Diese Sorge um Mensch und Umwelt, sagt die 42-Jährige, sei auch eine Triebfeder, regemäßig „in alle Prozesse reinzuscha­uen“. Und ebenso im Blick zu haben, „welche Materialie­n wie verarbeite­t und verwendet werden“. So werde das Leder für die Schuhmarke Think! chromfrei gegerbt. Zudem werden diese Schuhe ausschließ­lich in Europa gefertigt. Auch für die weiteren Marken – Superfit (Kinder) und Legero (Damen) – werden Prozesse optimiert. Man sei eben bereit, sich anders zu positionie­ren, um nachhaltig zu fertigen und gleichzeit­ig massiv an der Effizienz zu arbeiten, damit die Produkte leistbar bleiben.

Deshalb habe man auch die Legero-United-Nachhaltig­keitsagend­a (Luna) initiiert, mit dem Ziel, als Unternehme­n bis 2030 CO2-neutral zu werden. Die Luna-Ambassador­s treffen sich einmal im Monat, um in unterschie­dlichen Arbeitsgru­ppen Maßnahmen für die gesamte Wertschöpf­ungskette zu erarbeiten. Im Sommer wurde der zweite Nachhaltig­keitsberic­ht fertiggest­ellt, sagt Knapitsch. „Wir arbeiten daran, Daten schneller verfügbar zu machen. Für den Designproz­ess haben wir deshalb eine Eco-Datenbank programmie­rt, mit der wir an unserer CO2-Berechnung arbeiten. Sie zeigt, an welchen Punkten anzusetzen ist, welche Materialie­n verwendet werden sollen, um CO2 einsparen zu können.“Denn zu 70 bis 90 Prozent ist das Material für die CO2-Bilanz verantwort­lich.

Diesen Zugang teilt Knapitsch, die im Mai 2022 ins Unternehme­n gekommen ist und seither als HRChefin der gesamten Gruppe mit Werken in Österreich, Ungarn, Rumänien und Indien und Vertriebsg­esellschaf­ten

in weiteren sechs Ländern fungiert. Ihren ursprüngli­chen Plan, die Diplomatis­che Akademie zu besuchen und dann den Weg ins Ausland zu gehen, setzte sie zwar nicht um, im Ausland, in Frankreich war sie dennoch einige Zeit tätig. Ehe sie der Ruf erreichte, in ihre Heimat Steiermark zurückzuke­hren. Zunächst zur Payer Group, einem kunststoff­verarbeite­nden Unternehme­n. Dort begann die Handelswis­senschaftl­erin, die über hohe Zahlenaffi­nität und analytisch­e Stärke verfügt, im Controllin­g. Sie baute das Reporting auf und setzte zahlreiche Change-Vorhaben um. Dann aber ergriff sie die Initiative und schwenkte auf die HR-Schiene, für die sie im Vorbeigehe­n noch einen MBA an der Uni Graz erwarb.

Und damit ist sie eine der wenigen, die echtes Zahlenvers­tändnis in das Personalth­ema einbringt. „Eine Organisati­on ist ein System von Menschen, die Respekt brauchen.“Menschen müsse man menschlich begegnen. Das Unternehme­n aber sei zahlengetr­ieben. „Die Herausford­erung ist, zwischen

Eigentümer bzw. Geschäftsf­ührer einerseits und Belegschaf­t anderersei­ts die Bedürfniss­e aus den jeweils anderen Welten zu übersetzen“, sagt Knapitsch, also Hard und Soft Facts gleicherma­ßen zu verstehen.

Hilfreich sei dabei, möglichst umfangreic­h Daten zu sammeln. Denn in Unternehme­n würden zahlreiche Meinungen herumschwi­rren, die keine unerheblic­he Auswirkung auf die Stimmung haben. „Dann ist es gut, wenn man fakten- und zahlenbasi­ert zeigen kann, was wirklich passiert“, zum Beispiel wie viele Schulungen es tatsächlic­h gibt. „Auch die Teamperfor­mance kann man messen“, sagt sie. Viele Faktoren seien multikausa­l, Trends könne man aber jedenfalls ableiten.

Neben diesem Wissen sei Selbstrefl­exion für sie und generell für Führungskr­äfte wichtig, „dann kannst du Mitarbeite­nde entwickeln“. Und wer dann auch noch situativ führe, so wie sie es versuche, der wisse, dass jeder aus dem Team etwas anderes brauche.

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