Der Kampf um die Spitäler
Die Länder wollen die Ambulanzen an den Bund abgeben, die Krankenkassen die Kompetenz für die Spitäler erhalten. Jetzt wird verhandelt.
Wien. „Wir wollen die Kompetenzen für die Spitäler übernehmen.“Peter Lehner, Vorsitzender des Dachverbands der Sozialversicherungsanstalten, steigt mit einem offensiven Vorstoß in die Diskussion um die Finanzierung des Gesundheitswesens ein. Noch dazu ist es ein überraschender Vorschlag: Gelten die Krankenhäuser doch als Bereich, in dem die Kosten besonders stark ansteigen. Hintergrund der Ansage sind die nun startenden Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden: Nächste Woche startet die erste Runde, in der es um die Finanzierung des Gesundheitssektors geht – traditionell ist das ein Kernthema im Finanzausgleich. Die Kassen sind zwar eigentlich nicht Verhandlungspartner, haben aber die Zusicherung bekommen, diesmal eingebunden zu sein, so Lehner.
Die Ausgangslage
Das Hauptproblem des Gesundheitssystems ist bekannt: Der Sektor ist komplex organisiert, es gibt viele Player, die logischerweise Eigeninteressen vertreten. Auf der einen Seite sind da die Spitäler, die zu einem guten Teil den Bundesländern gehören (andere Eigentümer sind Gemeinden, die Kirche und die Österreichische Gesundheitskasse). Finanziert werden die Krankenhäus erimWesentlichen über die Krankenkassen und über Mittel, die die Länder über den Finanzausgleich vom Bund bekommen. Auf der anderen Seite der „extramurale Bereich“, das sind die niedergelassenen Ärzte, finanziert von den Krankenkassen. Beide Systeme haben ein Interesse daran, Kosten in den jeweils anderen Bereich zu verschieben. Das folgt einer betriebswirtschaftlichen Logik – führt aber nicht zu optimalen Ergebnissen: Patienten wer den nicht dort versorgt, wo es am günstigsten und besten wäre.
Der Plan der Kassen
Lehner will nun eine einheitliche Planung erreichen, indem die Sozialversicherung die Kompetenzen auch für die Spitäler übernimmt. Was das heißt? „Da gibt es unterschiedliche Varianten“, sagt Lehner. Die Sozialversicherungen könnten die Spitäler gänzlich übernehmen oder auch nur die Ambulanzen. Oder sie führen die Krankenanstalten gemeinsam mit den bisherigen Eigentümern. Jedenfalls müsse es eine Mitsprache geben, die berücksichtigt, dass die Kassen mehr als die Hälfte zu den Spitalsfinanzen beitragen. „Es ist immer leicht, das Geld anderer auszugeben“, so der Spitzenfunktionär zum derzeitigen Zustand.
Was sich zum Status quo ändern würde? Man könne Effizienzen heben, etwa durch eine bessere Zusammenarbeit von intraund extramuralem Bereich, durch Digitalisierung und durch gesamtstaatliche Planung. Es müsse eine gemeinsame Strategie und eine gemeinsame Zielsteuerung im Spitalsbereich geben. Auch seien neun unterschiedliche Systeme auf Landesebene wenig sinnvoll, es brauche ein „österreichisches Gesundheitssystem“.
Auf jeden Fall ändern wollen die Kassen das Finanzierungssystem: Statt des derzeitigen Pauschalbetrags an die Spitäler soll es Abrechnungen für jeden Einzelfall geben. Das gilt auch für die Spitalsambulanzen. Da bezweifelt Lehner, dass es dort einen großen Anstieg der Patientenzahlen gibt, wie das die Länder beklagen: Die Zahlen würden anderes zeigen, der Zuwachs sei bei den niedergelassenen Ärzten noch um einiges größer.
Der Plan der Länder
Die Bundesländer gehen mit anderen Vorstellungen in die Verhandlungen: Sie haben einen Plan vorgestellt, wonach es statt der bisherigen zwei Säulen (also Spitäler und niedergelassene Ärzte) künftig drei Säulen geben soll. Die dritte Säule wären die aus den Spitälern herausgelösten Ambulanzen sowie Einrichtungen wie Ärztezentren und Primärversorgungseinrichtungen. Sinn dieser Aufteilung wäre, die Spitäler wieder ganz auf ihren Kernbereich der stationären Versorgung zu reduzieren. Verantwortlich für diese dritte Säule soll nach Vorstellung der Länder der Bund sein. Er müsste auch die Finanzierung übernehmen – mit acht Milliarden Euro im Jahr ein beträchtlicher Posten. Das wären aber keine zusätzlichen Kosten, sondern es wäre eine andere Aufteilung des bisherigen Aufwands.
Ob eines der beiden Modelle eine Chance hat, ist offen. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) will sich im Vorfeld der Verhandlungen dazu nicht äußern. Sein einziger Kommentar: Der Finanzausgleich sei eine gute Gelegenheit, Reformen im Gesundheitswesen einzuleiten.