Die Presse

Das Leben mit etwas weniger PS

Gerhard Berger, 63, muss nicht länger in der ersten Reihe stehen. Über den Verkauf der DTM und Verlockung­en aus der Formel 1, die „nicht in die Lebensplan­ung passen“.

- VON GERHARD KUNTSCHIK

Wörgl. Gerhard Berger, ein Motorsport-Pensionist? Das konnte man sich beim zehnfachen GP-Sieger, Ex-Toro-Rosso-Mitbesitze­r, BMW-Sportchef und zuletzt Inhaber und Chef der Betreiberg­esellschaf­t der Deutschen Tourenwage­nmeistersc­haft (DTM) eigentlich nicht vorstellen. Doch der Tiroler, mittlerwei­le 63 und fünffacher Vater, zieht wirklich den Stecker, vorerst zumindest.

Die DTM-Betreiberf­irma ITR wurde per 31. Dezember 2022 liquidiert, die Rechte an der DTM an den ADAC verkauft, der die Serie mit GT3-Autos weiterführ­en wird.

Für mich ist ein Freund, mit dem ich 40 Jahre stets ein Vertrauens­verhältnis hatte, nicht mehr da. Ich konnte mich immer auf ihn verlassen, genauso wie er sich auf mich verlassen konnte.

Gerhard Berger über Didi Mateschitz

Dabei widerstand Berger einigen Verlockung­en aus „seiner“Formel 1. „Es waren Überlegung­en da, da hätte ich mir dann mein Leben wieder anders einteilen müssen. Die kleinen Kinder spielen eine wichtige Rolle. Ich möchte meinen sechsjähri­gen Sohn zu seinen ersten Kartrennen begleiten und meine neunjährig­e Tochter zum Reiten. Ich will für sie mehr Zeit haben“, sagt Berger im Gespräch mit der „Presse“.

Medial wurden ihm Angebote als Führungspe­rsönlichke­it in der kommenden Audi-Sauber-Kooperatio­n genauso nachgesagt wie ein möglicher Job bei Ferrari. Berger will keine Namen nennen, bestätigt aber, dass es vom einen oder anderen Unternehme­n

„unter Umständen“wirklich Angebote gab. Doch er will sich nun neben seiner Firma in Wörgl vor allem der jungen Familie widmen: „Es gab mehrere Möglichkei­ten, alle waren super interessan­t, aber sie passten nicht in meine Lebensplan­ung.“

Mateschitz, ein echter Freund

Was sich auf Berger auswirkte, war der Verlust von drei Freunden in den vergangene­n Jahren: „Der Mansour (Ojjeh), der Niki (Lauda) und der Didi (Mateschitz, Anm.) fehlen mir. Da zerbrichst du dir schon den Kopf darüber. Da ist in wenigen Jahren viel passiert. Und du willst dann nicht mehr nur noch arbeiten und Geld verdienen. Ich war dann noch mit Covid (am Finalwoche­nende der DTM im Oktober, Anm.) infiziert und dachte noch mehr nach.“Der Neuaufbau der DTM funktionie­rte hervorrage­nd.

„Bei den Verkaufsge­danken spielte für mich eine wesentlich­e Rolle, dass die DTM in Deutschlan­d beheimatet bleibt. Der ADAC hat eine gute Struktur und war damit

eine aufgelegte Chance.“Berger räumt dazu ein: Er hätte die DTM auch in den Mittleren Osten oder nach Belgien verkaufen können.

Speziell das Ableben von Didi Mateschitz am 22. Oktober traf Berger schwer: „Der Unternehme­r, der soziale Mensch, der Sportförde­rer wurde längst überall gewürdigt. Für mich ist ein Freund, mit dem ich 40 Jahre stets ein Vertrauens­verhältnis hatte, nicht mehr da. Ich konnte mich immer auf ihn verlassen, genauso wie er sich auf mich verlassen konnte.“

Die Verbindung „zur Familie, zu Sohn Mark, Lebensgefä­hrtin Marion und Marks Mutter Anita will ich aufrecht halten, die ist für mich am wichtigste­n.“Auch die geschäftli­chen Kontakte wolle er, Berger, weiter pflegen. Er kenne schließlic­h alle handelnden Personen. „Wir sind ja in der Logistik Partner. Ich gehe davon aus, dass diese Zusammenar­beit noch lang bestehen wird. Ob es Änderungen geben wird, kann ich nicht einschätze­n. Aus heutiger Sicht nehme ich an, dass alles wie bisher weiterläuf­t.“

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[ Getty Images ] Beobachter­rolle: Gerhard Berger geht es fortan etwas ruhiger an.

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