Klima: Verantwortung oder Business-Case?
Klima, Krieg und Inflation: Unternehmen müssen derzeit viele Krisen meistern – und für die Zukunft gut aufgestellt sein.
Es gäbe mit der Klimakrise allein schon genügend zu tun. Doch während Europa langsam beginnt, die lang verschlafene ökologische Wende zu vollziehen, mussten Regierungen wie Unternehmen zuletzt immer wieder auf wirtschaftliche Schocks reagieren. Ein Virus legte die Weltwirtschaft kurzzeitig lahm, nun herrscht ein Krieg im Osten Europas und über Jahrzehnte gewachsene Wirtschaftsbeziehungen wurden gleichsam über Nacht gekappt. Der Welt droht deshalb eine Hungerkrise, aus der Schwarzmeerregion kommt schließlich ein beträchtlicher Teil der weltweiten Weizenexporte. Und die Inflation frisst in vielen Ländern die Kaufkraft der Menschen.
Überall ist Krise. Für Unternehmer heißt es jetzt, kühlen Kopf bewahren und Krisenmanagement betreiben, sagte Georg
Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) im Rahmen einer Podiumsdiskussion beim Strategieforum an der Wirtschaftsuniversität Wien. „Aber es wäre naiv zu sagen, dass jetzt die Welt untergeht“, sagte der Industrielle. Was sich aber angesichts von teurer Energie, steigenden Preisen und unterbrochenen Lieferketten wieder stärker zeige, sei: Unternehmerische Verantwortung sei mehr als ökologische Verantwortung für die Umwelt.
Jobs, Wohlstand, Natur
Es gehe auch darum, Jobs und Wohlstand zu sichern – um soziale Verantwortung also. Und das alles sei allerdings nur dann möglich, wenn auch die ökonomische Komponente nicht zu kurz kommt, man müsse als Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Doch zuletzt sei man zu stark auf das ökologische Thema fokussiert gewesen, sagte Knill.
Silvia Angelo, Vorständin bei der ÖBB-Infrastruktur, stimmte dem Industriellen-Präsidenten zu, dass es wichtig sei, wirtschaftlich gut zu performen. Aber das sei heutzutage ohnehin nur noch mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell möglich. So reiche es auch für ein Unternehmen wie die staatliche Bahn nicht, darauf zu verweisen, dass man selbst weniger Treibhausgase emittiere oder Umwelt zerstöre als andere Sektoren. Erfolg habe nur, wer permanent daran arbeitet, hier noch besser zu werden.
„Auch Bahn-Baustellen sind invasiv und zerstören Umwelt, auch Bahnverkehr bedeutet Lärm“, sagte Angelo. Und auch die Bahn spüre die derzeit stark angestiegenen Strompreise sowie die gestiegenen Baustoffpreise.
Dem pflichtete auch Immofinanz-AGVorstandsmitglied Dietmar Reindl bei. Es sei noch nie so leicht wie heute gewesen, mit Gewinn in nachhaltige Projekte zu investieren. Für Immobilienunternehmen sei außerdem die EUTaxonomie ein relevanter Faktor, Immobilien, die den europäischen Vorgaben nicht entsprechen, dürften etwa merkbar abwerten.
Das Podium, das „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak moderierte, war sich einig: Es gibt auch Bremsklötze in Österreich, was die grüne Wende betrifft. „Die Verschlossenheit gegenüber neuen Dingen ist in der Politik und in der Beamtenschaft riesig“, kritisierte Reindl. Es dauere oft Jahre, bis Projekte umgesetzt werden könnten. Ins gleiche Horn blies Knill, der die lange Dauer von Genehmigungen kritisierte. Werden die Verfahren nicht deutlich beschleunigt
„Die Verschlossenheit gegenüber neuen Dingen ist in der Politik riesig.“
Dietmar Reindl Vorstand Immofinanz AG
– wie das übrigens auch die EUKommission empfiehlt –, dann werde das nichts mit dem Erneuerbaren-Ausbau. Die Industrie bekenne sich zu den Klimazielen und wolle bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral sein. Aber die Rahmenbedingungen müssten das zulassen, sagte Knill.
ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Angelo wünschte sich, dass für Schiene wie Straße die gleichen Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Da werde nicht immer mit gleichem Maß gemessen, kritisierte sie. Wobei das Klimaticket schon dazu ge
führt habe, dass der Bahnverkehr in Österreich besser aus der Krise gekommen ist als etwa in der Schweiz.
Was Mitarbeiter motiviert
Der Antrieb, nachhaltiger zu wirtschaften, komme auch stark von den Mitarbeitenden, sagte Reindl: „Ich habe selten so viel Motivation beobachtet, wie wenn man Leuten gestattet, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen.“Auch Knill betonte, dass Mitarbeitende immer öfter die Sinnfrage stellen. Die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit werde wichtiger und stärker hinterfragt. Wobei dies nicht nur auf Mitarbeiter zutreffe, sondern auch auf die Unternehmer.
Obwohl Österreich recht technologiefeindlich sei, bringe man viele Technologieunternehmen hervor. Besonders im Bereich Green–Tech sei Österreich gut aufgestellt.
Abschließend wollte Rainer Nowak vom IV-Präsidenten noch wissen, wo Österreich in fünf Jahren in Sachen Nachhaltigkeit stehen werde. Es werde viel mehr Solarpaneele und Windräder geben, auch in Westösterreich, sagte Knill und merkte an: Es brauche aber auch einen Plan für Energiesicherheit in Österreich sowie strategische Energiepartnerschaften. Man werde den eigenen Bedarf mit Wind und Sonne nicht decken können.