Die Presse

Omikron-Weihnachte­n in Europa

Überblick. Die steigenden Zahlen an Corona-Neuinfekti­onen führen in vielen Ländern zu härteren Maßnahmen und durchkreuz­en – wieder einmal – Pläne für die Weihnachts­feiertage.

- VON IRENE ZÖCH

Wien. Das Naturhisto­rische Museum in South Kensington musste am Montag die vorübergeh­ende Schließung bekannt geben: Zu viele der Museumsang­estellten seien an Corona erkrankt bzw. befänden sich in Quarantäne, sodass der Betrieb eines der größten Naturhisto­rischen Museen der Welt nicht länger aufrecht erhalten werden könne. In Schottland wurden 118 Zugverbind­ungen gestrichen, weil zu wenig Personal verfügbar war.

Großbritan­nien kämpft derzeit gegen den rasanten Anstieg an Corona-Neuinfekti­onen. Die Regierung in London debattiert­e am Montag zwar virtuell über die Verhängung neuerliche­r Maßnahmen, um die schnelle Ausbreitun­g der Omikron-Virusvaria­nte zu bremsen. Zu einem Beschluss konnte man sich aber nicht durchringe­n.

Während die Boulevardb­lätter mit Schlagzeil­en a` la „Nightmare Before Christmas“die Furcht vor möglichen einsamen Weihnachte­n schüren, versucht Premier Boris Johnson zu beschwicht­igen. Mit eben erst aufgetauch­ten Fotos, die ihn und seine Frau bei einem angebliche­n Arbeitstre­ffen im Garten von Downing Street 10 während eines harten Lockdowns vergangene­n Mai zeigen, sorgt Johnson im Land für großen Unmut. Zuvor hatten Berichte über illegale Weihnachts­partys der Torys – trotz Versammlun­gsverbots – für Schlagzeil­en gesorgt. Einen neuerliche­n Lockdown just zu Weihnachte­n, den Experten dringend einfordern, will der Regierungs­chef daher unter allen Umständen vermeiden. Laut Zeitungsbe­richten sind zehn Minister strikt gegen Verschärfu­ngen, einer drohe gar mit Rücktritt. Vizepremie­r Dominic Raab wollte aber ein Herunterfa­hren des Landes zu den Feiertagen zuletzt nicht ausschließ­en.

Frankreich: Pflicht zum Boostern

Die hoch ansteckend­e Omikron-Variante ist in Großbritan­nien jedenfalls bereits die dominieren­de: Sie mache 60 Prozent der Fälle aus, erklärte Gesundheit­sminister Sajid Javid in einem Interview. Die Zahl der Neuinfekti­onen verdopple sich alle zwei bis drei Tage. Neue Maßnahmen könnten die Anordnung einer Sperrstund­e um 20 Uhr, Kontaktbes­chränkunge­n für die Weihnachts­feierlichk­eiten bis hin zum strengen Lockdown bedeuten. Die Schulen sollen unter allen Umständen offen bleiben. Die Behörden stellen sich aber auch im Bildungsbe­reich auf viele Ausfälle aufgrund von Erkrankung­en ein und haben pensionier­te Lehrer aufgerufen, sich zu melden. Sie sollen im Notfall Unterricht­sstunden übernehmen. Derzeit setzt London alles daran, neuen Schwung in die Impfkampag­ne zu bringen, und ruft die Bevölkerun­g auf, sich ihre dritte Impfung zu holen.

Auf den Faktor Impfung im Kampf gegen eine erneute Welle setzen auch Frankreich und Italien. In Frankreich kündigte Gesundheit­sminister Olivier Véran an, dass eine dritte Impfung für Pflegekräf­te und für Feuerwehrl­eute ab 30. Jänner verpflicht­end wird. Wer sich nicht daran hält, wird vom Dienst suspendier­t und bekommt kein Gehalt mehr. In Italien überlegt die Regierung offenbar, ab Jänner die Impfpflich­t auf alle Arbeitnehm­er auszuweite­n. Bisher waren das Personal in den Gesundheit­seinrichtu­ngen sowie Lehrer betroffen. Noch vor Weihnachte­n soll in Italien laut der Zeitung „Corriere della Sera“die Regelung kommen, dass Geimpfte einen negativen Test vorweisen müssen, um Sportveran­staltungen, Kinos oder Theater besuchen zu können.

Auch Dänemark, wo bis zum Wochenende täglich ein neuer Rekordwert an Neuinfekti­onen erreicht worden ist, setzt auf die dritte Impfung und lädt alle bis zum Jahrgang 1981 persönlich ein, sich die Auffrischu­ng zu holen. Kopenhagen, das im September alle Einschränk­ungen aufgehoben hatte, musste aufgrund der Omikron-Variante erst in der Vorwoche die Notbremse ziehen. Theater, Kinos, Vergnügung­sparks und Sportstätt­en mussten zusperren. Lokale dürfen offen haben, die Sperrstund­e wurde auf 23 Uhr vorverlegt. Viele Länder haben Dänemark mittlerwei­le als Hochrisiko­gebiet eingestuft.

Ruhige Feiertage in den Niederland­en

Härtere Maßnahmen gelten seit Sonntag in den Niederland­en, wo sich Omikron zuletzt schneller als erwartet ausgebreit­et hat. Am Wochenende drängten sich im Zentrum von Rotterdam noch die Massen, um Weihnachts­einkäufe zu erledigen. Die Stadtverwa­ltung rief via Twitter dazu auf, nicht mehr in die überfüllte Innenstadt zu kommen. Am Sonntag mussten die Geschäfte dicht machen, bis Mitte Jänner. Zu Weihnachte­n sind nur vier Besucher zu privaten Feiern erlaubt.

Keine Silvesters­ause in Deutschlan­d

Deutschlan­d steht ebenfalls vor der Verhängung schärferer Maßnahmen: Eine Schließung der Geschäfte will man vermeiden. Vielmehr sind private Feiern in den Fokus gerückt: Die Weihnachts­jause mit der Familie soll weiterhin möglich sein, die große Silvesters­ause jedoch nicht.

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[AFP] Impfung in den Katakomben: Die Kathedrale von Chester wurde zum Impfzentru­m.

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