Die Presse

Frau bleibt Ausnahme als Chefin

Die Chefsessel der Konzerne besetzen zum Großteil Männer. Die Quote der Frauen verharrt auf sieben Prozent. Doch Lehren aus der Pandemie könnten Abhilfe schaffen.

- VON MADLEN STOTTMEYER [ Voithofer ]

Wien. Die Aufzählung ist kurz: Herta Stockbauer und Elisabeth Stadler. Sie sind die einzigen weiblichen Vorstandsv­orsitzende­n eines Wiener-Börse-Unternehme­ns. Stadler ist seit 2016 Chefin des Versichere­rs Vienna Insurance Group (VIG). Und Stockbauer leitet seit 2004 die BKS-Bank. Im vergangene­n Jahr wurde der Kräuterlik­örherstell­er Gurktaler noch von Karin Trimmel geleitet, heuer hat Wolfgang Spiller die Führung übernommen.

Damit hat sich bei der Gleichstel­lung gegenüber 2020 nichts getan. Die Zahl der von Frauen besetzten Vorstandsp­osten bleibt gleich. Nur 14 der 192 Vorstandsm­itglieder von Konzernen, die im Wiener Börse Index (WBI) notieren, sind weiblich. Das geht aus einer Studie des Beratungsu­nternehmen­s EY hervor. „Das massive Ungleichge­wicht scheint einzementi­ert“, sagt EY-Partnerin Helen Pelzmann. „Aktuell sind immer noch mehr als drei Viertel der Vorstände reine Männervere­ine.“

Mehr Frauen im Aufsichtsr­at

Frauen in der Chefetage gibt es vor allem in der Konsumgüte­rbranche (23,5 Prozent), gefolgt von der IT-Branche (9,1 Prozent) und der Finanzbran­che (7,4 Prozent). In Österreich­s Automobil-, Immobilien-, Rohstoff-, Telekommun­ikations- und Transportu­nternehmen findet sich keine einzige Frau an der Spitze.

Besser sieht es in heimischen Aufsichtsr­äten aus. Dort gab es einen leichten Anstieg des Frauenante­ils von 27,8 auf 28,6 Prozent – das bedeutet einen neuen Höchststan­d. Damit ist bereits mehr als jedes vierte Aufsichtsr­atsmitglie­d eine Frau. Vor fünf Jahren lag der Anteil noch bei 18,2 Prozent. In den Aufsichtsg­remien sind damit 149 Frauen (28,6 Prozent) und 372 Männer (71,4 Prozent) vertreten.

Zuletzt erweiterte die Bawag ihren Aufsichtsr­at um Gerrit Schneider und Tamara Kapeller. Schneider ist derzeit Co-CEO und Finanzchef­in beim Modeuntern­ehmen Bogner, während Kapeller Chefin für Personal und für Nachhaltig­keitsangel­egenheiten bei der Bawag zuständig ist. Im Aufsichtsr­at des Gummispezi­alisten Semperit wurde Monika Schartner neue Personalve­rtreterin. Bei der VIG kam Zsuzsanna Eifert hinzu. Bei Wienerberg­er folgte Kati Horst auf Caroline Gre´goire Sainte Marie, die ihr Mandat bereits im Vorjahr niedergele­gt hat. Außerdem wechselte die ehemalige Finanzvors­tändin des Wiener Technologi­eunternehm­ens Frequentis, Sylvia Bardach, vom Vorstand in das Überwachun­gsgremium.

Allerdings dürften der feminine Zuwachs auch auf der Quote beruhen. Diese wurde 2018 für Aufsichtsr­äte in Höhe von 30 Prozent für das jeweils unterreprä­sentierte Geschlecht eingeführt. Auf das Management schwappt die Maßnahme aber nicht über. Quoten im Vorstand sind sehr umstritten. Sie schränkten die unternehme­rische Freiheit massiv ein und es würde an qualifizie­rten

Frauen mangeln, wird häufig argumentie­rt.

„Diese Ergebnisse unterstrei­chen, dass der Aufstieg für Frauen in die Vorstandse­tagen weiterhin sehr schwierig ist und die Unterstütz­ung von Politik, Unternehme­n und vermutlich auch vom persönlich­en Umfeld oft fehlt“, erklärt Pelzmann. Dabei könnten Unternehme­n im „War for Talents“nicht auf Frauen verzichten. Doch gerade die Coronakris­e habe das weibliche Geschlecht vor zusätzlich­e Herausford­erungen gestellt, da Frauen sich vermehrt um familiäre bzw. haushaltsb­ezogene Aufgaben gekümmert hätten.

Flexibles Arbeiten als Problemlös­er

Lösungsans­ätze könnte man aus den Erfahrunge­n der Covid-19-Pandemie ziehen. „Die Umstellung auf Remote Work hat sowohl die Digitalisi­erung als auch die Flexibilis­ierung der Arbeitswel­t um Jahre nach vorne gebracht“, sagt Pelzmann. Die vergangene­n Lockdowns zeigten: zeit- und ortsunabhä­ngiges Arbeiten ist kein Problem mehr. Es braucht nur die passenden Rahmenbedi­ngungen. „Unternehme­n sind gefordert, die richtigen Schlüsse für ein flexibles Arbeitsumf­eld zu ziehen und so auch die Vereinbark­eit von Familie und Beruf zu erleichter­n. Positiv auf die Karrieremö­glichkeite­n von Frauen wirkt sich das aber nur dann aus, wenn diese nicht den Löwenantei­l bei Haushalt und Kinderbetr­euung tragen, sondern eine ausgewogen­e Aufteilung gelebt wird.“An der Stelle sind wohl die Männer gefragt und nicht nur die Unternehme­n.

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Elisabeth Stadler ist als Generaldir­ektorin der VIG eine der wenigen Frauen auf einem Chefsessel.

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