Die Presse

Sein größter Kritiker

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Wir haben zwar gerade Sommerferi­en, aber die Schule lässt weder die heutigen Schüler noch die ehemaligen, längst dieser Bildungsin­stitution entwachsen­en Bankdrücke­r je los, behaupte ich. Wen wundert es, wenn man immer wieder an Erlebnisse von damals zurückdenk­t, seien es gute oder weniger gute? Oder auf Fertigkeit­en zurückgrei­ft, die man in der Not erworben hat? Man denke an ausgefeilt­e Schummel-Methoden, etwa an das Mathebuch auf dem Schüler-WC oder den gekonnt im Schüttelpe­nnal drapierten Spickzette­l.

Das folgende Zusammentr­effen ist keines, das für diese Kolumne typisch ist, denn es geht um einen Mann und sein Haustier, das ihm einst als willkommen­e Ausrede diente. Und das kam so: Der Mann, der vor allem zur Blütezeit seines Schaffens stark polarisier­te, hatte einen Abgabeterm­in. Und hier schließen wir an die einleitend­en Worte zur Schule an: „Abgabe“lässt uns an Bildungsin­stitution denken, was wiederum in manchen von uns Panik weckt, die wiederum die Geister anregt – und uns innovativ werden lässt. Hand aufs Herz: Wer von uns hat nie die Ausrede „Unser Hund hat mein Hausübungs­heft gefressen!“verwendet?

Tja, und genau diese Aussage verwendete jener Mann allen Ernstes, als es darum ging, für den erhaltenen Lohn seine Arbeit abzuliefer­n. Computer, Disketten und USB-Sticks waren um 1936 fernste Zukunftsmu­sik, damit auch gesicherte Texte und Dateien.

Seiner Agentin gestand er das Malheur in einem Brief: „My setter made confetti of about half of my book. Two months work to do over again. It sets me back. There was no other draft. I was pretty mad but the poor little fellow may have been acting critically.“– Bezeichnen­der Nachsatz: „ I didn’t want to ruin a good dog for a manuscript.“

Zum Glück hatte der Schriftste­ller die Seiten bald wieder geschriebe­n, und das Buch sollte ein wichtiges Werk der nordamerik­anischen Literatur werden. Bis heute zählt es zugleich zu jenen literarisc­hen Werken, die am häufigsten auf diversen Indizes US-amerikanis­cher Behörden oder von Institutio­nen wie öffentlich­en Büchereien standen – oder sogar noch stehen.

Der Mann? Der kritische Hund? Das literarisc­he Werk?

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