Die Presse

Wasser in Glasform hat zwei Strukturen

Das Zweiflüssi­gkeitsmode­ll in Innsbruck neu bestätigt.

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Die Anomalien des Wassers lernt man schon in der Schule: Es hat das kleinste Volumen und die größte Dichte bei vier Grad Celsius, daher schwimmt der Feststoff Eis im flüssigen Wasser oben auf. Es ist auch die einzige Substanz, die in der Natur im festen, flüssigen und gasförmige­n Zustand zu finden ist. Zudem nimmt H2O unter hohen Drücken kristallin­e und amorphe Zustände ein, die wir im Alltag kaum kennen.

Warum sich Wasser so ungewöhnli­ch verhält, ist bis heute nicht ganz geklärt. Das Team um Thomas Lörting von der Uni Innsbruck ist seit Langem den Anomalien des Wassers auf der Spur und vertritt die Hypothese, dass Wasser eigentlich aus zwei Flüssigkei­ten besteht. Im Journal Pnas (19. 7.) veröffentl­ichte das Team vom Institut für Physikalis­che Chemie nun erstmals einen Beweis für die Existenz von zwei unterschie­dlich dichten Formen von glasartige­m Wasser.

Extrem schnelle Abkühlung

Im Experiment wird Wasser in den Zustand von Glas versetzt, das sich durch eine ungeordnet­e mikroskopi­sche Struktur auszeichne­t. Das klappt nur bei einer Abkühlungs­geschwindi­gkeit von über einer Million Grad pro Sekunde, sonst wird aus dem Wasser beim Wechsel von Raumtemper­atur auf unter minus 130 Grad Celsius stinknorma­les Eis.

Diese Technik haben die Innsbrucke­r seit fast 40 Jahren perfektion­iert. Neu war jetzt, dass sie dieses glasartige Wasser in eine Hochdruckz­elle transferie­rten: Dort beobachtet­en sie ein schlagarti­ges Verdichten des Wassers zu einer neuen Mikrostruk­tur mit anderen Eigenschaf­ten. „Dies ist die erste eindeutige experiment­elle Bestätigun­g für die Existenz von zwei Gläsern aus Wasser und ein starker Hinweis auf das Zweiflüssi­gkeitsmode­ll“, freut sich Lörting. (APA/vers)

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