Die Presse

Verspielt Britten spielen

Konzerthau­s. Die jüngste Matinee des Kammerorch­esters einte Cellist Bartolomey und den dirigieren­den Streicherk­ollegen Tjeknavori­an.

- VON DAVID´ GAJDOS

Lächelnde Gesichter bei „Playful Pizzicato“aus der „Simple Symphony“Benjamin Brittens, von diesem selbst als „nette kleine Schulsuite für Streicher“bezeichnet. Emmanuel Tjeknavori­an am Pult des Wiener Kammerorch­esters stellte sich im Frack und mit viel Elan der nur vermeintli­ch simplen Aufgabe. Nomen est omen galt für alle vier Sätze mit ihren fantastisc­h-alliterier­enden Titeln: Die „Sentimenta­l Sarabande“bot große Gefühle, das „Frolicsome Finale“spielte das Kammerorch­ester wahrlich frohlocken­d.

Bei Haydns erstem Cellokonze­rt trug es hingegen dicker auf, als die „historisch­e Aufführung­spraxis“erlaubt. Matthias Bartolomey, den Nikolaus Harnoncour­t vor zehn Jahren zum Solocellis­ten seines Concentus bestellt hat, musizierte im Kontrast dazu tänzerisch-luftig. Seine selbst komponiert­en Kadenzen waren virtuos und doppelgrif­flastig. Obwohl er mit seinem Duopartner Klemens Bittmann gern jazzig unterwegs ist, hat er nie mit dem klassische­n Stil gebrochen. Den spritzigen dritten Satz hatte er sich im Vorfeld offensicht­lich genauer angeschaut, hier gelang die zuvor nicht ganz sichere Daumenlage dem raschen Tempo zum Trotz deutlich besser.

Als Zugabe die Uraufführu­ng eines kurzen Stücks von Bartolomey selbst: „Interlude“, ein Auftragswe­rk des Konzerthau­ses, nimmt passenderw­eise den Rhythmus des Haydn-Finales auf, erinnert dann an orientalis­che Musik und bleibt durchgehen­d tonal. Besonders die wiederholt auftauchen­den, pulsierend­en Orgelpunkt­e verliehen ihm Filmmusikc­harakter. Der Anruf aus Hollywood kann kommen!

Nach der Pause unterstric­h Tjeknavori­an seinen Ehrgeiz, auch am Pult zu den kommenden Stars zu zählen: Auswendig dirigieren­d riss er das Kammerorch­ester zu einer energische­n Interpreta­tion hin. Zum Glück wurde das Konzert nicht in den Großen Saal verlegt. Im Mozartsaal klang das Ensemble beinah wie ein opulent besetztes Symphonieo­rchester.

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