„Österreich hat kein Innovationsdefizit“
Christian Rau, General Manager von Mastercard in Österreich, sieht den Akt des Bezahlens zusehend aus dem Alltag verschwinden. Das wird die Art und Weise verändern, wie wir konsumieren.
Wahrscheinlich habe es mit dem Bedürfnis nach Transparenz zu tun, warum die kontinentaleuropäischen Länder eher ein Markt für Debitkarten, also Bankomatkarten, als für Kreditkarten seien, sagt Christian Rau, seit zwei Jahren General Manager bei Mastercard in Österreich. „Die Menschen möchten sehen, was sie auf dem Konto haben.“In Echtzeit und nicht erst nach der monatlichen Abrechnung. Was sie aber nicht davon abhielte, Konsumgüter via E-Commerce einzukaufen.
Überhaupt, sagt der 42-Jährige, werde der Akt des Bezahlens immer weiter zurückgedrängt. Wer etwa eine Uber-Fahrt bestelle, bekomme das Entgelt abgezogen, ohne noch etwas dazu tun zu müssen. Wer künftig beim Händler beispielsweise ein TV-Gerät kaufe, werde nach der Beratung im Geschäft nur noch den Bestellknopf am Mobiltelefon drücken müssen – und bekomme das Gerät umgehend geliefert. „Es wird keinen Grund mehr geben, sich an der Kassa anstellen zu müssen“, sagt Rau, der aus dem Telekommunikationsbereich kommend vor neuen Jahren eher zufällig zum Zahlungsdienstleister gestoßen ist. „Diese technischen Möglichkeiten werden den Konsum prägen“, sagt Rau. Sie erhöhten den Handlungsdruck für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), für die E-Commerce-Lösungen aber immer günstiger werden: „Die Eintrittsbarrieren sind gesunken, digitale Zahlung ist einfacher geworden.“Und sie erhöhten den Druck vor allem auf die Finanzdienstleister: Speziell die Fintech-Unternehmen hätten neben dem Fokus auf sichere Transaktionen die Kundenzentrierung massiv vorangetrieben. Aber, so Rau: „Österreich hat kein Innovationsdefizit“, er sehe auch bei den etablierten Banken innovative Ansätze.
Kundenzentriert zu sein versucht auch er in seiner Organisation. Um näher am Kunden zu sein, vergrößerte er sein divers zusammengestelltes Team um das Eineinhalbfache: „Es braucht Menschen, die den kulturellen Kontext eines Marktes verstehen“, sagt er. Das sei gerade in einem weltweit agierenden Konzern für die Führungskraft eine spannende Situation. Er selbst hatte, bevor er General Manager wurde, sehr Headquarter-orientiert gearbeitet – unter anderem bei der Entwicklung der Debit-Mastercard – also Kennzahlen-getrieben und auf hohem Abstraktionsniveau. „Interoperabilität braucht globale Leitplanken“, sagt Rau. Jetzt sei er in einer Übersetzerfunktion, weil die Arbeit im Markt eine andere Detailtiefe und mehr Umsetzungsorientierung mit sich bringe.
Bargeld nicht abschaffen
Übrigens: Das Bargeld möchte er nicht abschaffen. Weil es ein Verlangen der Menschen danach gebe. Und weil eine zentrale Funktion der Bankomatkarte sei, über sie Bargeld zu beziehen. (mhk)