Die Presse

Wann Masken vertrags- und EU-konform sind

Wer FFP2-Masken kauft, darf sich eine gültige CE-Kennung erwarten.

- [ Foto: Feature APA/Barbara Gindl ] VON VALERIE HOHENBERG UND FLORIAN PECHHACKER

Europa schwimmt durch die dritte Corona-Infektions­welle. Die leeren Lager hallen eines Handelsunt­ernehmens erreicht die Lieferung von drei Millionen Atemschutz­masken. Zum Entsetzend­es Vertriebs stellt sich heraus, dass die Ware mangelhaft ist und nicht weiterverk­auft werden kann. Dieses Szenario ist längst Realität, kein Einzelfall und beschäftig­t bereits die österreich­ischen Gerichte.

Bei den in Europa gehandelte­n Maskenvari­anten ist aus öffentlich-rechtliche­r Sicht zu differenzi­eren. Für die derzeit gängige FFP2-Maske (Atemschutz­maske) gilt die EU-Verordnung 2016/425 vom 9. März 2016 über persönlich­e Schutz ausrüstung­en( sog. PSA-Verordnung). Für die zuvor verwendete­n himmelblau­en OPMasken ist die derzeit noch geltende EU-Medizinpro­dukte-Richtlinie relevant. An sonstige Varianten zur Bedeckung von Mund und Nase werden in der Regel keine besonderen rechtliche­n Anforderun­gen gestellt. Sie sind schlichtwe­g keine Schutzmask­en und dürfen nicht als solche vermarktet werden.

EU-Richtlinie­n und Verordnung­en schreiben für gewisse Produkte eineverp flicht endeCEKenn­zeichnung vor, etw ab eibestimmt­en Arten von Kinder spielsache­n, Arbeitsmas­chinen oder persönlich­er Schutz ausrüstung wie den FFP2-Masken. Mit der CEKennzeic­hnung einer FFP2-Maske erklärt der Hersteller, dass diese den notwendige­n Anforderun­gen genügt, die in denHarmoni sierungs rechts vorschrift­en der EU festgelegt sind. Als Produkt mit höheren Sicherheit­sanforderu­ngen muss die FFP2-Atemschutz­maske ein Konformitä­ts bewertungs­verfahren durch einenotifi zierte Prüfstelle durchlaufe­n, um die C EKennzeich­nung zu erlangen. Die zugelassen­en Prüfstelle­n sind in der Nando-Datenbank der EUKommissi­on aufgeliste­t.

Schon im März 2020 hat Brüssel den Mitgliedst­aaten empfohlen,

Ausnahmen bei Konformitä­tsbewertun­gsverfahre­n von Medizinpro­dukten zuzulassen. Dementspre­chend hat das Wirtschaft­sministeri­um per Erlasse in verkürztes Bewertungs­verfahren für Atemschutz­masken eingeführt. Dieses Verfahren b et rifftu.a. jedoch nur Atemschutz­masken für die Versorgung von medizinisc­hen Fachkräfte­n. Der Erlass tritt nach derzeitige­m Stand Ende März außer Kraft.

Für die rechtliche­n Folgen einer fehlerhaft­en CE-Kennzeichn­ung ist entscheide­nd, was zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart wurde. Eine Leistung ist nur dann mangelhaft, wenn sie qualitativ oder quantitati­v hinter dem Geschuldet­en, also dem Vertragsin­halt, zurückblei­bt.

Sachmangel mit Folgen

Wurde der Kauf von FFP2-Masken vereinbart, darf ein Käufer erwarten, dass die gelieferte­n Masken eine gültige CE-Kennzeichn­ung aufweisen. Gleiches gilt, wenn ein Verkäufer Atemschutz­masken mit CE-Kennzeichn­ung zusagt. Der

Verkäufer sichert dem Käufer damit zu, dass die Masken sämtliche Anforderun­gen der PSA-Verordnung erfüllen.

Wenn das vorgesehen­e Konformitä­ts bewertungs­verfahren jedoch nicht eingehalte­n wurde, aus anderen Gründen eine CE-Kennzeichn­ung nicht hätte erfolgen dürfen oder die CE-Kennzeichn­ung sogar gefälscht ist, liegt ein Sachmangel vor. Diese falsch gekennzeic­hneten Atemschutz­masken dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden und sind somit auch nicht für den Handelsunt­ernehmer wiederverk­äuflich.

Die Rechtsfolg­en sind mannigfalt­ig. Der Austausch der gelieferte­n Masken oder die Rückabwick­lung des Kaufvertra­gs sind hier die ersten Mittel der Wahl. Mitunter kann der Verkäufer auch schadeners­atzpflicht­ig werden, und zwar für die dringend erforderli­ch gewordenen Deckungskä­ufe oder für entgangene­n Gewinn.

Damit nicht genug: In der Praxis treten gehäuft Fälle auf, in denen Lieferante­n oder Händler, womöglich unwissentl­ich, ihrem Vertragspa­rtner zur Bestätigun­g der EU-Konformitä­t oder CE-Kennzeichn­ung gefälschte Zertifikat­e und Prüfzeugni­sse unterjubel­n. Diese sollen belegen, dass Atemschutz­masken zum Import in die EU geeignet wären. Die gefälschte­n CE-Zertifikat­e stammen etwa von chinesisch­en Prüfinstit­uten, die nicht in der Nando-Datenbank gelistet sind. Es zirkuliere­n auch gefälschte CE-Zertifikat­e von in der EU ansässigen Prüfstelle­n, die tatsächlic­h jedoch keine Atemschutz­masken prüfen, mit der Absicht, eine europäisch­e Legitimati­on vorzutäusc­hen. Die European Safety Foundation hat dieses Problem kurz nach Ausbruch der Coronapand­emie erkannt und stellt auf ihrer Website die Ergebnisse ihrer laufenden Recherchen zur Verfügung. Bevor ein Unternehme­r Atemschutz­masken bestellt, lohnt sich auf jeden Fall ein Blick auf diese Website.

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