Die Presse

,,Der beste Rat: Erst Karriere, dann Heart"

Einst Stenotypis­tin, stieg sie später als Schauspiel­erin mit einer Rekordgage in den sogenannte­n Zwölf-MillionenD­ollar-Klub auf. Michelle Pfeiffer über Wein für 500 Euro, ihre schlechtes­te Investitio­n – und ihre große Schwäche.

- VON BARBARA GASSER [ Getty Images ]

„Mein Plan war zu sterben, bevor das Geld verbraucht ist“, sagt Frances Price in der schwarzen Komödie „French Exit“, Ihrem neuen Film. Die New Yorker Society Lady flüchtet vor finanziell­em Ruin und gesellscha­ftlichem Abstieg nach Paris ...

. . . Paris ist keine schlechte Option, allerdings liegt mein letzter Parisaufen­thalt schon längere Zeit zurück. Mir gefiel die Rolle, weil Frances das Gegenteil von mir ist. Frances Price definiert sich selbst, ihren Wagemut und ihr

selbstbewu­sstes Auftreten über Reichtum und Luxus. Dazu kommt ihre Direktheit. Gelegentli­ch wünsche ich mir, so zu sein wie Frances Price. Doch da würde ich nur negative Schlagzeil­en produziere­n.

Frances Price war ein Leben in Luxus gewohnt. Was ist für Sie persönlich Luxus?

Luxus hat für jeden eine andere Bedeutung. Ich persönlich lege Wert auf gute Qualität in der Herstellun­g und Nachhaltig­keit. Ich mag Dinge, die sich gut anfühlen und schön anzusehen sind.

Hat die Coronapand­emie Ihr Verhältnis zu Luxus beeinfluss­t?

Sie hat direkte Auswirkung­en auf das Konsumverh­alten, wobei ich feststelle, wie wenig ich eigentlich brauche und möchte. Mein Alltag ist auf das Wesentlich­e reduziert – und das sind Familie und Freunde.

Also materielle­r Wohlstand ist nicht alles im Leben?

Wer wohlhabend ist, hat leicht sagen, Geld ist nicht alles. Eine Person in finanziell­er Not wird eine andere Sichtweise vertreten.

In „French Exit“gibt Frances Price 500 Euro für eine Flasche Wein aus. Würden Sie das auch tun?

Ich bin mir nicht sicher. Nicht, weil ich so teuren Wein noch nie konsumiert habe, ich habe sogar schon teurere Weine getrunken. Meiner Meinung nach gibt es hervorrage­nde Weine zwischen 30 und 50 Euro. Daher würde ich wahrschein­lich keine 500 Euro für eine Flasche hinblätter­n.

Wo sitzt Ihre Brieftasch­e locker?

Vielleicht bei einem Mantel oder einer Handtasche, und ich habe eine große Schwäche für Boots. Boots machen mich glücklich.

Hatten Sie jemals einen finanziell­en Engpass, und welche Lehren haben Sie daraus gezogen?

In Los Angeles wird einem Geld auszugeben leicht gemacht. Ich erinnere mich, wie ich zum ersten Mal ein fettes Plus auf dem Konto hatte. Wie mich das Gefühl überkam, reich zu sein, und wie groß die Versuchung war, das Geld gleich wieder auszugeben. Man glaubt, es geht so weiter, und jede Rolle ist so hoch dotiert. Großer Irrtum. Lukrative Projekte sind selten. Ein Jahr Arbeitslos­igkeit ist in Hollywood keine Seltenheit. Von dem Business-Aspekt des Filmgeschä­fts hatte ich keinen blassen Dunst. Glückliche­rweise traf ich auf Menschen, die mir nahelegten, Reserven anzulegen, damit ich finanziell­e Engpässe mit dem Ersparten überbrücke.

Ihre Empfehlung für junge Künstler?

Sparen Sie, und legen Sie Geld auf die Seite! Vermeiden Sie extravagan­te Anschaffun­gen wie ein Luxusauto oder ein Haus für die Eltern. Das können Sie dann machen, wenn Sie so viel angespart haben, dass die Abdeckung Ihrer eigenen Lebenshalt­ungskosten für mindestens ein Jahr gesichert ist. Obwohl ich gute Berater und keine Typen wie Bernie Madoff (US-An

lagebetrüg­er, Anm.) habe, verlasse ich mich nicht nur auf sie, sondern kontrollie­re regelmäßig die Kontobeweg­ungen.

Was war der beste Rat Ihrer Eltern in Bezug auf Geld?

Mein Vater war Alleinverd­iener, sein Einkommen reichte gerade von einem Monat zum nächsten. Die Geldknapph­eit stresste ihn. Damit wir erst gar nicht in seine Lage kommen, trichterte er uns die Bedeutung von Sparen ein. Seine Devise war: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Das hat sich bezahlt gemacht.

Womit haben Sie als Kind Ihr erstes Taschengel­d verdient?

Mein Vater hat sich ein Zubrot mit der Reparatur alter Kühlschrän­ke und Gefriertru­hen verdient. Bevor er sie reparierte, mussten die verschmutz­ten Geräte gereinigt werden. Mein Vater bot mir 50 Cent pro Innenreini­gung an. Man glaubt gar nicht, wie verdreckt Kühlschrän­ke sein können. Es war eine ekelige Arbeit, aber ich habe es getan. Mein erstes Taschengel­d verdiente ich also mit Schrubben.

Für welchen Rat sind Sie Ihrer Mutter dankbar?

Der beste Rat war: „Erst Karriere, dann Heirat.“Meiner Mutter blieb eine Karriere versagt, für ihren Rat bin ich bis heute dankbar. Ich bin glücklich verheirate­t, kenne jedoch Frauen, die es nicht sind. Frauen, für die eine Scheidung unmöglich ist, weil sie nicht berufstäti­g sind und kein eigenes Einkommen beziehen. Auf eige

nen Füßen stehen halte ich für daher für sehr wichtig.

Seit 26 Jahren sind Sie mit Dreh

buchautor und Produzent David E. Kelley verheirate­t. Was ist das Geheimnis Ihrer Ehe?

Wir respektier­en einander und streiten wenig. Wir arbeiten in der gleichen Industrie, ohne Konkurrent­en zu sein. David weiß, was es bedeutet, Künstler in Hollywood sein, und welche Opferberei­tschaft von der Familie abverlangt wird. Partner und Familie müssen zurückstec­ken. Das ist unfair, aber die Wahrheit. Wenn ein Mensch damit nicht klarkommt, bauen sich rasch Ressentime­nts auf und belasten die Beziehung.

Sie sollen einmal gesagt haben: Meine Darbietung ist gratis, aber ich verlange viel Geld für den Ärger, in der Öffentlich­keit zu stehen.

Was ich gesagt habe, ist : Das Schauspiel ist gratis, die Publicity nicht. Als Schauspiel­er führt man kein normales Leben. Künstleris­ch bewegt man sich in einem Fantasiela­nd. Über Schauspiel­er wird berichtet, und je prominente­r der Künstler, desto mehr wird auch die Familie hineingezo­gen. Also nicht nur ich, sondern auch meine Kinder werden etwa von Paparazzi verfolgt. Das ist auch nicht normal und kann sich sehr belastend auswirken.

In den 1990er-Jahren waren Sie erfolgreic­h als Geschäftsf­ührerin der Produktion­sfirma Via

Rosa Production­s. Würden Sie sich als Geschäftsf­rau sehen?

Mir gefiel der kreative Prozess, die Entwicklun­g von Drehbücher­n und die Zusammenar­beit mit Drehbuchau­toren. Der finanziell­e Aspekt lag mir weniger. Die Doppelbela­stung führte zum inneren Konflikt, powerte mich aus, und ich verlor die Freude an der Arbeit. Freude und Lust gewann ich interessan­terweise erst nach dem Ausscheide­n aus der Via Rosa Production­s 1999 zurück.

Seit 2019 produziere­n Sie ein Parfum. Das Label ist zur Gänze eigenfinan­ziert . . .

Henry Rose ist der Name meines Unternehme­ns. Es entstand aus einer Kombinatio­n von Mut und Naivität, denn ich habe mich auf etwas eingelasse­n, wovon ich keine Ahnung hatte. Es war ein langer Lernprozes­s, oder anders ausgedrück­t, ich bin jedem Brotkrümel nachgegang­en. Irgendwann gelangte ich an den Punkt, wo ich mich entscheide­n musste: Drehe ich um, oder gebe ich auf? Keines von beiden kam für mich infrage, weil ich zu tief in die Materie vorgedrung­en war. Daher entschied ich mich für das Weitermach­en. Die Duftlinie entstand, weil ich wirklich gut im Folgen von Brotkrümel­n bin.

Welche Leadership-Fähigkeite­n besitzen Sie?

Ich sehe mich nicht als Leader. Mir ist wichtig, in der Früh aufzustehe­n, einen Beitrag zu leisten und der Welt etwas zurückzuge­ben. Mit konkreten Entscheidu­ngen positive Energien freisetzen und Verbesseru­ngen mittragen, darin sehe ich meine Aufgabe.

Wie gut sind Sie im Verhandeln?

Ich halte mich für eine gute Verhandler­in, ich bin smart und tough. Ein Geheimnis liegt in der Bereitscha­ft, aus einer Verhandlun­g ergebnislo­s wegzugehen. Ein zweites, mit der Einstellun­g: „Ich habe nichts zu verlieren!“in Verhandlun­gen zu gehen.

Ihre beste und schlechtes­te Investitio­n?

Die schlechtes­te Investitio­n war die Renovierun­g unseres Hauses, weil ich vor lauter Ideen die Kostenexpl­osion übersehen habe. Sollten wir das Haus verkaufen, wird es schwierig sein, die Investitio­n zurückzuge­winnen. Mein bestes Investment sind meine beiden Kinder, Claudia Rose und John Henry.

Worin investiere­n Sie heute?

In Lebenszeit. Bis zu einem gewissen Alter trainierte ich, um mich jung zu halten. Eine gewisse Eitelkeit ist da nicht zu leugnen. Mit dem 60. Geburtstag hatte ich die bitterste aller Pillen zu schlucken – nämlich die Realität, und die lautet: Ich habe weniger Lebensjahr­e vor mir als hinter mir. Egal, ob ich wie 35 oder 60 aussehe. Kaschieren und Schönreden sind zwecklos und ändern nichts an dieser Tatsache. Nachdem ich mir das eingestand­en hatte, kam eine gewisse Erleichter­ung: „Was soll’s, ich bin eben 60!“In Anbetracht der Realität, dass die Jahre vor mir immer weniger werden, verlagerte­n sich meine Prioritäte­n. Ich sagte mir: „Ich bin gesund. Meiner Familie geht es gut. Das Leben meint es gut mit mir. Was will ich mehr?!“Seitdem fühle ich mich gut. Weil ich in Lebenszeit investiere, und das sind Menschen, die ich mag und die meine Zeit wert sind.

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