Frauenquote für die ÖBB
Bahn. Das ist eindeutig die Handschrift von Verkehrsministerin Gewessler: In den ÖBB gibt es nun bei allen Neubesetzungen Frauenquoten. Sonst werden die Boni für das Management gekürzt.
Bei allen Neubesetzungen der ÖBB gibt es nun Frauenquoten. Sonst werden die Boni für das Management gekürzt.
Die Maßnahme kommt nicht bei allen ÖBB-Führungskräften gut an. Aber es ist nun einmal, wie es ist: Die grüne Verkehrsministerin, Leonore Gewessler, will in den Bundesbahnen mehr Frauen sehen – und die von ihr installierte ÖBBAufsichtsratspräsidentin, Andrea Reithmayr, hat dem nun Folge geleistet. Die Erfolgsprämien für alle Führungskräfte des staatlichen Unternehmens werden also ab dem laufenden Geschäftsjahr an ein weiteres Kriterium geknüpft: Bei Neuaufnahmen von Personal muss grundsätzlich – über alle Jobfelder hinweg – eine Frauenquote von bis zu 45 Prozent erfüllt werden. Bei Nachbesetzungen in Führungsetagen muss eine 50-prozentige Frauenquote erreicht werden. Das hat das Präsidium des Holding-Aufsichtsrates nun beschlossen. Die entsprechenden Beschlüsse für die ÖBB-Tochtergesellschaften folgen in Kürze, wie ein Konzernsprecher der „Presse“bestätigte.
Die Vorgabe wird nicht so einfach zu erfüllen sein – daher auch das Murren unter diversen Führungskräften. Schon seit Jahren leiden Europas Bahnen unter Fachkräftemangel, aber Frauen für Eisenbahnberufe zu gewinnen ist eine schwierige Sache. Gelingt es aber den Führungskräften im Konzern nicht, einen Gutteil der neu zu besetzenden Jobs an Frauen zu vergeben, dann reduziert sich eben die jährliche Erfolgsprämie. Ein echtes Dilemma.
So mancher wähnt sich vor einer unmöglichen Aufgabe – und sieht die Vorgabe in Wahrheit als versteckten Versuch, Einsparungen bei variablen Gehaltsbestandteilen durchzusetzen.
Beim Frauenanteil stehen die ÖBB derzeit jedenfalls nicht sonderlich gut da. Seit dem Jahr 2012 wird im jährlichen „Women in Rail Report“eine geschlechtsspezifische statistische Erhebung unter Europas Bahnen durchgeführt – und da nehmen die ÖBB verlässlich den letzten Platz ein: Gerade rund 13 Prozent macht der Frauenanteil aus. Schweden belegt mit 40 Prozent Platz eins, der europäische Durchschnitt liegt bei 20 Prozent. ÖBB-Chef Andreas Matthä und der Chef der Gewerkschaft Vida, Roman Hebenstreit, haben daher schon 2019 ihr Interesse an Frauenförderung deponiert.
Jetzt kommt Bewegung rein. Leonore Gewessler ist ja seit Geginn ihrer Regierungstätigkeit sehr darum bemüht, mehr Frauen in Unternehmen ihres Zuständigkeitsbereichs zu bekommen. Beim ÖBB-Aufsichtsrat kann sie das Anliegen als „durchgesetzt“abhaken:
Von acht Kapitalvertretern sind dort fünf Frauen. Und jetzt sind die Führungskräfte in der Holding sowie in den Tochtergesellschaften dran. Da soll die Frauenquote 50 Prozent erreichen. Wobei: In der Holding ist der Vertrag von Matthä gerade erst verlängert worden, jener von Finanzvorstand Arnold Schiefer läuft noch bis März 2024. Da sind also eh keine Neubestellungen vorgesehen – es sei denn, ein drittes Vorstandsmitglied käme dazu. Wir sind ja in Österreich.
In den Führungsetagen der ÖBB-Tochtergesellschaften läuft heuer allerdings eine ganze Reihe von Verträgen aus: In der Personenverkehrs AG steht der Vertrag von Michaela Huber zur Disposition, der Vertrag ihres Kollegen Heinz Freunschlag ist im Februar 2022 zu Ende. In der Infrastruktur AG verabschiedet sich Vorstand Franz Bauer in den Ruhestand, Kollegin Silvia Angelo harrt einer Vertragsverlängerung. Detto Clemens Först und Thomas Kargl von der Rail Cargo. Etliche GmbHs im Konzern müssen ebenfalls ihre Geschäftsführungen neu besetzen.
Die Besetzung der Führungsebene mit Frauen dürfte in den ÖBB aber kein allzu großes Problem sein. So gering der Frauenanteil generell auch ist – im Management liegt er über dem europäischen Durchschnitt. Und Gewessler scheint da auch ein gewisses Reservoir zu haben – gerüchteweise soll ja auch die frühere grüne Wiener Verkehrsstadträtin und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein einen Job in den ÖBB bekommen.
Schwieriger wird für ÖBB-Führungskräfte wohl die Vorgabe sein, über alle Jobfelder hinweg den Frauenanteil zu erhöhen. Andererseits: So eine Erfolgsprämie macht oft erfinderisch.