Paranoide Panik im russischen Unrechtsstaat
Putins Angst vor Alexej Nawalny muss groß sein.
Wladimir
Putin spielt die Bedeutung von Alexej Nawalny gerne herunter. Der russische Präsident nennt den Oppositionspolitiker öffentlich nicht einmal beim Namen. Doch die Angst vor Nawalny muss groß sein: Erst wurde er mit Nowitschok vergiftet, und am Sonntag verhaftete ihn die russische Polizei gleich nach seiner Rückkehr aus Berlin, um ihn tags darauf einem Gericht vorzuführen.
Der dreiste Vorwurf: Nawalny habe gegen Bewährungsauflagen verstoßen, weil er sich nicht, wie in einem dubiosen Urteil vorgeschrieben, bei den Behörden gemeldet habe. Dass Nawalny gar nicht vorstellig werden konnte, weil er sich in Deutschland fast fünf Monate lang von einem Mordanschlag erholen musste, fiel nicht ins Gewicht. Ende Jänner wartet auf ihn ein weiterer fadenscheiniger Prozess.
Die Unverfrorenheit des russischen Unrechts- und Geheimdienststaates raubt den Atem. Umso bewundernswerter ist der Mut Nawalnys: Er wusste, was ihn in Moskau erwartet.
Anders als der furchtlose Patriot scheut der Kreml die offene Konfrontation bei der Parlamentswahl im Herbst. Putins Paranoia reicht neun Jahre zurück – in den Dezember 2011: Damals, mitten im Arabischen Frühling, gingen in Moskau Zehntausende Bürger auf die Straße, um gegen Betrug bei der Duma-Wahl zu protestieren. Zu den Massen sprach ein gewisser Alexej Nawalny.
Seither gilt er als Gefahr für den Kreml und soll offenbar um jeden Preis verschwinden, wenn nicht vom Erdboden, dann wenigstens hinter Gittern.