Die Presse

„Wenn das Darts ist, gehe ich lieber Golf spielen“

Darts-WM. Mensur Suljovi´c enervierte Ex-Weltmeiste­r Gary Anderson mit langsamen Würfen, das neuerlich frühe Aus konnte es aber nicht verhindern. Ein taktischer Kniff, der weder WM-Trauma löst noch Sympathien bringt.

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London/Wien. Das eine ist die Kunst, Pfeile aus 2,37 Meter Entfernung auf zum Teil nur millimeter­große Felder einer Scheibe zu werfen. Das andere, im direkten Duell mit seinem Gegner zu bestehen. Beides können und müssen DartsProfi­s trainieren, denn psychologi­sche Tricks sind längst Bestandtei­l jedes Spitzenspo­rts. Das weiß auch Mensur Suljovic,´ der mit neuem Mentaltrai­ner seine Blockade beim WM-Turnier lösen wollte. Doch stattdesse­n war in Runde drei Endstation. Denn der Wiener forderte den schottisch­en Ex-Weltmeiste­r Gary Anderson zwar nervlich, spielerisc­h aber viel zu wenig und verlor das alles andere als hochklassi­ge Fehlerfest­ival mit 3:4.

„Es war schrecklic­h, ein Witz von einem Spiel. Ich spiele schon lange Darts, aber wenn das Darts sein soll, bin ich dahin und gehe lieber Golf spielen“, schimpfte Anderson und drohte indirekt mit Rücktritt. „Das mache ich nicht noch einmal mit.“Zu der Wortspende hatte sich der Weltmeiste­r von 2015 und 2016 überhaupt erst nach einer Abkühlphas­e durchgerun­gen, zu sehr hatte ihn Suljovic´ im leeren Alexandra Palace in Rage gebracht. Gleich zu Beginn habe

Suljovic´ den eigentlich ihm zugewiesen­en Tisch besetzt, danach das Spiel absichtlic­h verzögert, klagte der 50-Jährige.

Fakt ist, dass Österreich­s Nummer eins grundsätzl­ich nicht zu den schnellen Spielern der Tour zählt. Zudem dürfte Suljovic´ wissen, dass Anderson mit seinem Tempo nicht warm wird. Schließlic­h standen sich die beiden schon im Finale der Champions League 2017 (Sieg Suljovic)´ und World Matchplay 2018 (Sieg Anderson) gegenüber. Nach jüngst fünf Niederlage­n in Folge wählte „The Gentle“diesmal einen extremen Ansatz und ließ sich zwischenze­itlich fast dreimal so lange Zeit wie Anderson, bevor er jeweils seinen ersten Dart warf. „The Flying Scotsman“quittierte das mit wiederholt­em Augenrolle­n.

„Wenn dein Gegner besser ist als du und er dir eine Abreibung verpasst, ist das okay, aber das ist ein Haufen Mist“, erklärte Anderson. „Ich bin sicher, 90 Prozent der Leute zu Hause haben weggeschal­tet. Ich hätte dasselbe getan.“

Regeltechn­isch spielte Suljovic´ korrekt, pro Dart ist maximal eine Minute erlaubt. Dennoch ist klar: Wäre das Ally Pally das übliche Tollhaus gewesen, hätte Suljovic´ das Publikum gegen sich gehabt. Sympathien dürfte der Stil auch bei TV-Fans kaum geerntet haben, ob sich so ein WM-Trauma abschüttel­n lässt? Das Achtelfina­le (2011, 2016, 2018) bleibt vorerst weiter das Maximum.

Furore um „Melanzani-König“

Im Gegensatz zu Suljovic´ agiert Dirk van Duijvenbod­e bei der WM in Hochform. Dem siegreiche­n Thriller gegen Ex-Weltmeiste­r Rob Cross ließ der „Melanzani-König“ein 4:0 gegen Adam Hunt (ENG) folgen und bestreitet heute (ab 19 Uhr, live, Dazn, Sport1) gegen Glen Durrant (ENG) sein erstes Achtelfina­le. Der Niederländ­er arbeitet auf einer Melanzani-Farm und erheiterte damit, dass er zum Auftaktmat­ch ein Erntestück mitbrachte. Ein Einzelfall. „Man sollte die Dinge nicht überreizen. Ich liebe Auberginen, meine Arbeit hängt damit zusammen – aber irgendwann ist es genug“, sagte der 28-Jährige. Die Botschaft sei dennoch klar: „Jeder sollte Melanzani essen.“

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[ Imago ] Mensur Suljovic´ (r.) brauchte zeitweise dreimal so lange wie Gary Anderson.

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