Irland drängt
Großbritannien/EU. „Das ist einfach lächerlich“: Außenminister Coveney gibt London die Schuld für die blockierten Verhandlungen.
Dublin/London. Der irische Außenminister, Simon Coveney, hat Großbritannien angesichts der ablaufenden Zeit für sein Vorgehen in den stockenden Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt kritisiert. „Die britische Regierung hätte eine deutlich längere Übergangsphase haben können, aber sie hat sie abgelehnt, und trotzdem schiebt sie nun die Schuld der EU zu – das ist einfach lächerlich“, sagte Coveney am Montag in einem BBC-Interview.
„Ich glaube, dass ein Deal möglich ist, aber er muss in dieser Woche zustande kommen, denn die Zeit für die Ratifizierung und die Vorbereitungen läuft wirklich ab“, sagte Coveney. Großbritannien hatte die EU in den vergangenen Tagen erneut zu Zugeständnissen aufgefordert und gesagt, ein Vertrag müsse die neue Souveränität des Landes voll akzeptieren (siehe Seite 1).
Mit einem Exportanteil von gut 40 Prozent ist die EU der mit Abstand größte Handelspartner Großbritanniens. Die Auswirkungen des Brexit auf die britische Wirtschaft werden folglich gravierend sein. Nach Berechnungen des Office for Budget Responsibility (OBR), das die britischen Staatsfinanzen beaufsichtigt, wird der Abschluss des momentan verhandelten Abkommens die Wirtschaftsleistung des Landes permanent um vier Prozent schmälern – und um sechs BIP-Prozent ohne einen Deal. Demnach wird der EU-Austritt gravierendere Folgen für die Wirtschaft Großbritanniens haben als die Coronapandemie, deren Folgen OBR mit drei Prozent BIP-Manko beziffert. Bis Mitte 2021 soll ein No Deal zusätzlich 300.000 Arbeitsplätze kosten.
Schottland sucht den Ausgang
Das Hickhack um die EU gefährdet mittlerweile die Integrität des Vereinigten Königreichs. Schottlands Regierungschefin, Nicola Sturgeon, will bereits 2021 ein neues Referendum über die Unabhängigkeit der britischen Provinz abhalten. „Je schneller Schottland die Macht der Unabhängigkeit haben kann, um unsere Zukunft planen zu können, desto besser für uns alle“, sagte Sturgeon am Montag. Beim Brexit-Referendum 2016 hatten 62 Prozent der Schotten für den Verbleib in der EU votiert. (ag./la)