Zehn Milliarden Euro mehr Hilfe als notwendig
Deutschland. Ein Wirtschaftsinstitut in Deutschland kommt zum Schluss, dass die Unternehmer in der Krise mehr Hilfe bekommen, als sie benötigen. In Österreich werden die Hilfen im Falle eines längeren Lockdowns überdacht.
Wien. 30,5 Milliarden Euro bezahlt die deutsche Bundesregierung als Umsatzersatz für Unternehmer, die im zweiten Lockdown behördlich geschlossen sind. Und das sind etwa 10,4 Milliarden Euro mehr, als sie tatsächlich zum wirtschaftlichen Überleben benötigen. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Das IW geht in einer der „Presse“vorliegenden Berechnung davon aus, dass bei der Branche „Unternehmensdienstleistungen“im Durchschnitt die Hälfte der Kosten variabel ist, also gar nicht erst anfällt, wenn die Betriebe geschlossen sind. Zwar gebe es Unterschiede zwischen den einzelnen
Bereichen, über alle Betroffenen hinweg würde aber rund jeder dritte Euro zu viel gezahlt, schlussfolgert das Institut. Demnach verdienten die betroffenen Betriebe, vor allem der Gastronomie und des Veranstaltungsgewerbes, dank der Entschädigung des Staates in vielen Fällen mehr Geld, als wenn sie geöffnet hätten, schlussfolgerte die „Welt am Sonntag“.
Deutschland bezahlt beim aktuellen Hilfsprogramm einen geringeren Ersatz als Österreich – 75 Prozent des Umsatzes vom November des Vorjahres, in Österreich sind es 80 Prozent. Den deutschen Kosten von 30,5 Milliarden Euro (für November und Dezember) stehen Kosten in Österreich in Höhe von drei Milliarden Euro (bis 7. Dezember) gegenüber. Die
Schlussfolgerung, dass auch in Österreich etwa ein Drittel der Hilfen unnotwendigerweise ausgezahlt wird, will man im Finanzministerium nicht ziehen: Es könnte tatsächlich sein, dass manche Unternehmer besser aussteigen. Der Ersatz gelte aber nur für einen Monat, manche Branchen, etwa Gasthäuser, hätten heuer in allen anderen Monaten deutlich weniger Umsatz gemacht. Sollte am Jahresende ein Gewinn bleiben, müsse er versteuert werden.
„Fixkosten besserer Ansatz“
Dass die Regelung des Umsatzersatzes großzügig und unbürokratisch ist, wurde von verschiedenen Seiten gelobt. Die hohen Kosten bereiten manchen im Finanzministerium aber Sorgen, vor allem falls es zu einer Verlängerung des Lockdowns in den Dezember hinein kommt. Dann müsse man dieses Konzept überdenken, meint ein Experte. Denn die Umsätze im Dezember seien stets sehr hoch, wenn man den Unternehmern nun 80 Prozent des Umsatzes vom Dezember 2019 ersetze, käme das den Staat „wirklich teuer“.
Das IW meinte am Montag, mit Blick auf die kommenden Monate stelle sich die Frage nach einer Modifikation der Hilfszahlungen in Deutschland. „Ein Ansatzpunkt wäre die Orientierung an den Fixkosten (für die staatliche Entschädigung; Anm.) plus ein Gewinnaufschlag. Das könnte sicherstellen, dass kein Unternehmer Verluste erleidet“, erklärte IWÖkonom Tobias Hentze.