Die Presse

Eine Karriere als Bruchpilot

F1. Romain Grosjean scheiterte, kämpfte sich zurück und überlebte nun ein Inferno. Über eine Karriere als „Bruchpilot“.

- VON JOSEF EBNER

Romain Grosjean scheiterte, kämpfte sich zurück und überlebte nun ein Inferno.

Sakhir/Wien. Der Feuerunfal­l von Bahrain könnte der letzte Formel-1-Auftritt von Romain Grosjean gewesen sein. Überlebt hat der dreifache Familienva­ter sein 181. Rennen, weil alle Schutzvork­ehrungen nahezu perfekt funktionie­rten. Während die Ursache für das Inferno gesucht wird, verlässt der Franzose, der nur Verbrennun­gen an den Handrücken erlitten hat, heute das Krankenhau­s. Beim nächsten Grand Prix am Sonntag, erneut in Bahrain, wird aber Ersatzpilo­t Pietro Fittipaldi im HaasBolide­n sitzen und nicht Grosjean.

Der Franzose, 34, ist kein unerschroc­kener Draufgänge­r, für einen Piloten der Motorsport-Königsklas­se wirkt er geradezu zurückhalt­end. Zu oft geriet er in seiner Laufbahn in die Kritik.

Als Renault 2009 Ersatz für Nelson Piquet jr. brauchte, bekam Grosjean seine Formel-1-Chance – und scheiterte. Gegen Teamkolleg­e Fernando Alonso war er chancenlos, 2010 fand er kein Cockpit mehr. Der Sohn eines Schweizers und einer französisc­hen Künstlerin arbeitete als Banker in Genf, gewann die GP2 und gab 2012 bei Renaults Nachfolget­eam Lotus sein Formel-1-Comeback.

Doch wo Grosjean auftauchte, krachte es. In Spa verursacht­e er eine wilde Startkolli­sion, weil er Lewis Hamilton abdrängte. Sein Lotus verfehlte den Helm von Alonso nur hauchdünn. Grosjean wurde für ein Rennen gesperrt und musste 50.000 Euro zahlen. Auch durch solche Geldstrafe­n finanziert die FIA ihr Sicherheit­sinstitut.

Grosjean hatte fortan den Ruf eines Bruchpilot­en, Medien rechneten Schadensum­men vor und erinnerten an ungestüme Aktionen in der GP2. Grosjean lieferte weiter Stoff: In Monaco crashte er 2013 im Training, im Qualifying und im Rennen. Der Leidtragen­de Daniel Ricciardo funkte: „Rate mal, wer der Fahrer war.“Auch ohne Fremdeinwi­rkung leistete sich Grosjean spektakulä­re Abflüge. „Einige waren nicht mein Fehler, andere schon“, erklärte er und konsultier­te Psychologe­n. Doch in der Comeback-Saison hatte er bereits die ersten seiner insgesamt zehn F1-Podestplät­ze eingefahre­n.

Im neuen HaasTeam (ab 2016) lieferte sich Grosjean ein packendes Duell mit Teamkolleg­e Kevin Magnussen. In Hockenheim und Silverston­e räumten sie sich gegenseiti­g von der Strecke, Grosjean ließ im Boxenfunk seiner Wut freien Lauf, Teamchef Günther Steiner zürnte. Der Schlagabta­usch im Haas

Team war ein Highlight der Netflix-Serie „Drive to Survive“.

Es heißt, Teambesitz­er Gene Haas habe Grosjean stets beschützt und dem Franzosen hoch angerechne­t, dass er sich 2016 auf das Rookie-Team eingelasse­n hat. Doch ab 2019 ging es mit Haas bergab. Das beste Ergebnis blieb Grosjeans vierter Platz 2018 in Spielberg. Dass beide Fahrer ab 2021 ersetzt werden, stand schon länger fest. Grosjean soll zuletzt mit Rennställe­n verhandelt haben.

In Bahrain wurde ihm zum Verhängnis, dass er Daniil Kwjat übersah und in der Folge im brennenden Auto mit rund 220 km/h in der Leitplanke einschlug. Ob Grosjean beim Formel-1-Saisonfina­le in zwei Wochen in Abu Dhabi noch einmal ins Auto steigt, ist fraglich. 2021 soll Mick Schumacher das Cockpit übernehmen.

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[ Imago ] Das „Adventwund­er von Bahrain“und seine Überreste: Hier hatte sich das brennende Monocoque, das Kernstück eines jeden Formel-1Autos, in die Leitschien­e gebohrt.
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[ Reuters ] „Ich bin okay.“Haas-Pilot Romain Grosjean.

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