So leihen sich Superreiche billig Millionen
Anlage. Aufgrund der Niedrigzinsen gehen Reiche ins Risiko. Das Geld dafür holen sie sich auf ihre Art.
New York/Wien. Angesichts des ultraniedrigen Zinsniveaus nutzen die Reichen der Welt verstärkt Immobilienkredite, um an der Börse, in Kryptowährungen oder auch weitere Immobilien zu investieren.
So erhielt die Familie des russischen Milliardärs Dmitri Rybolowlew im Juni von JPMorgan eine langjährige Hypothek über 42,5 Mio. Dollar für ein Penthouse in New York. Bei einem Zinssatz von 2,9 Prozent belaufen sich die monatlichen Zahlungen auf etwa 177.000 Dollar. Rybolowlew hatte die Wohnung vor einem Jahrzehnt um 88 Mio. Dollar für seine Tochter gekauft. Einige Jahre später, als die Preise für teure Immobilien in der Stadt zu sinken begannen, versuchte die Familie, das Objekt zu verkaufen. Dann entschied sie sich aber, das Penthouse zu beleihen. Rybolowlew lehnte über eine Sprecherin eine Stellungnahme ab.
„Die Zinsen sind niedrig, und daher möchten Kunden davon profitieren und irgendeine Form von Schulden nutzen, um auf billiges Geld zugreifen zu können“, sagte Casey S. Kriedman, Finanzberater bei der New Yorker Broad Group.
Nicht nur die Superreichen
Der Trend zur Niedrigzins-Nutzung zeigt sich auch bei den lediglich Wohlhabenden. Nach einem Einbruch in den frühen Tagen der Pandemie stieg die Zahl der Jumbo-Eigenheimdarlehen
(766.000 Dollar oder mehr) im August gegenüber dem Vorjahr um über zwei Drittel, berichtet der USVerband der Hypothekenbanken. Befeuert wird dieser Trend auch dadurch, dass mehr Menschen größere Häuser auf dem Land kaufen, um aus den Innenstädten zu flüchten, Eigenheimbesitzer sich für eine Refinanzierung entscheiden und die Aktienkurse steigen.
„Das obere Ende des Hypothekenmarktes konzentriert sich sehr auf die Erträge an den Finanzmärkten“, erläutert Michael Fratantoni, Chefökonom des Verbandes.
New York ist eine der wenigen Großstädte, die Hypothekendaten öffentlich machen. Der Werbemogul Drew Katz erhielt hier den Daten zufolge im August eine Hypothek in Höhe von 15 Mio. Dollar für ein New Yorker Penthouse, das er vor vier Jahren für 22 Mio. Dollar gekauft hatte. Im April wurde dem Hedgefonds-Gründer Dan Och eine Hypothek in Höhe von 50 Mio. Dollar für ein im Vorjahr erworbenes Haus in Manhattan bewilligt. Vertreter der beiden Personen lehnten einen Kommentar ab.
Und nicht nur in den USA
Angesichts der Coronavirus-Pandemie haben einige der reichsten New Yorker der Metropole den Rücken gekehrt. Dies verschärfte das Überangebot am Luxusappartement-Markt von Manhattan.
Sollten die Preise weiter fallen, könnte das Risiken für die Kreditgeber bedeuten. Die Zahl der nicht verkauften, angebotenen Immobilien in Manhattan stieg im dritten Quartal auf 9319. Ein solches Niveau hat es seit der globalen Finanzkrise 2009 nicht gegeben.
Neben New York und San Francisco verzeichnen auch Immobilienmakler und Privatbanker von Los Angeles bis London einen Anstieg der Kredite von Leuten, die das Geld nicht unbedingt brauchen. In der englischen Hauptstadt haben die Superreichen während der Pandemie verstärkt WohnNeubauten in der Preisklasse von mehr als 20 Millionen Pfund (22 Millionen Euro) gekauft.
„Fremdkapital ist so billig wie nie, und es gibt erhebliche Investitionsmöglichkeiten für unsere Kunden“, so Boulton. „In Wirklichkeit leihen sie sich umso mehr aus, je reicher sie sind“, sagt Remi Frank von BNP Paribas. „Und die Banken vergeben gern Kredite an sehr reiche Leute.“(Bloomberg/est)