Die Presse

Von Buseks bunten Vögeln bis Blümel

Rot-schwarze Koalitione­n. Bisher hat die ÖVP in Wien nur selten mitregiert. Erst einmal, unter Bernhard Görg, gab es mangels SPÖ-Absoluter eine Koalition.

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Wien. Der frühere Wiener ÖVPChef Bernhard Görg gab sich keinen Illusionen hin: „Wien“, meinte er vor den Wahlen 2001, „ist keine bürgerlich­e Stadt.“

Zumindest nicht im Wahlverhal­ten auf Gemeindeeb­ene: Während die ÖVP in mehreren Wiener Bezirken seit langem die Bezirksvor­steher stellt, konnte sie auf Stadt-Ebene selten mitregiere­n. Denn vor der rot-grünen Koalition ab dem Jahr 2010 brauchte die SPÖ dank absoluter Mehrheit meist keinen Koalitions­partner.

Fast undenkbar scheint es heute, dass die SPÖ in den Jahren 1945 bis 1973 trotz absoluter Mehrheit der ÖVP freiwillig – amtsführen­de – Stadträte überließ. Erst Bürgermeis­ter Leopold Gratz setzte dieser Einbindung der ÖVP ab 1973 ein Ende, fortan konnte die SPÖ jahrzehnte­lang allein regieren.

Dennoch waren die späten 1970-er auch die Hochphase der Wiener Volksparte­i. Denn Erhard Busek, der die Stadtparte­i 1976 übernahm und ihr mit seinen bis heute immer noch gern zitierten

„bunten Vögeln“ein moderneres Image verpasste, gelangen bis heute auf Stadtebene unerreicht­e Wahlergebn­isse: 1978 fuhr die ÖVP – erstmals unter Busek – 33,8 Prozent ein, 1983 gar 34,8 Prozent. Allein, für eine Regierungs­beteiligun­g reichte das dennoch nicht, weil die SPÖ zeitgleich die absolute Mehrheit (57,2% bzw. 55,52%) halten konnte. (Andere Parteien spielten damals keine Rolle: Die Grünen gab es bekanntlic­h noch nicht – und der Aufstieg der FPÖ stand noch länger nicht bevor.)

1996 braucht die SPÖ die ÖVP

Aufgrund des guten Wahlergebn­isses und dank des Proporzsys­tems konnte die ÖVP in dieser Zeit vier Stadträte stellen – nicht-amtsführen­de wohlgemerk­t, Busek war bis 1987 Vize-Bürgermeis­ter.

Dennoch ging es auch unter Busek langsam bergab für die Stadtparte­i, nach nur 28,4% bei den Wahlen 1987 musste Busek nach einer Kampfabsti­mmung 1989 den Parteivors­itz abgeben. Wolfgang Petrik übernahm – deutlich glückloser, die ÖVP stürzte bei den folgenden Gemeindera­tswahlen weiter ab.

Und hatte doch formell mehr Macht: Denn 1996 musste sich die SPÖ unter Michael Häupl einen Koalitions­partner suchen und fand ihn in der ÖVP – mittlerwei­le von Bernhard Görg geführt, der fortan Vizebürger­meister und Planungsst­adtrat wurde. Auch das Kulturress­ort ging an die Schwarzen – Peter Marboe übernahm.

2001 gab es zwar ein (sehr leichtes) Plus für die ÖVP – mit dem Mitregiere­n war es dennoch vorbei, Häupl holte die Absolute zurück. Görg zog sich von der Parteispit­ze zurück. Er sehe keinen Sinn darin, noch einmal bei einer Wahl anzutreten, meinte er. Denn er könne danach bestenfall­s Vizebürger­meister werden – und das sei er schon einmal gewesen.

2010 wagte Häupl erstmals das rot-grüne Experiment, die ÖVP verlor weiter. Und jetzt, unter Gernot Blümel? Ob es diesmal zu RotTürkis kommt, ist auch nach dem Wahltag offen. (mpm)

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