Norwegen zapft seinen Staatsfond
Hilfe. Um die Folgen der Coronakrise abzufedern, entnimmt Oslo 38 Mrd. Euro aus dem
Oslo/Wien. Die Coronapandemie setzt inzwischen auch den reichsten Staaten dieser Welt zu. Unter ihnen das ölreiche Norwegen, das aufgrund des nachfragebedingt niedrigen Ölpreises um die ansonsten reichlichen Einnahmen aus dem Rohstoffverkauf umfällt.
Aus diesem Grund sieht sich das skandinavische Land nun zu einem ungewöhnlichen Schritt gezwungen: Es zapft seinen billionenschweren Staatsfonds, quasi den Finanzpolster für künftige Generationen, an. Und es entnimmt eine Rekordsumme. Ganze 419,6 Milliarden Kronen (umgerechnet rund 38 Milliarden Euro) sollen in diesem Jahr abfließen, wie das Finanzministerium am Dienstag in Oslo mitteilte.
Trotz der hoch erscheinenden Summe entspricht dies freilich nur 4,2 Prozent des am 1. Jänner ermittelten Wertes des Staatsfonds, der als weltgrößter seiner Art gilt. Eigentlich gilt bei der Entnahme aus dem gut gefüllten Topf eine Obergrenze von drei Prozent des Gesamtwertes. Die Regierung darf dieses Limit nur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten überschreiten.
Dreimal das BIP im Fonds
„Um den wirtschaftlichen Folgen des Virusausbruchs entgegenzuwirken, hat die Regierung in mehreren Runden weitreichende Maßnahmen eingeführt“, teilte das Finanzministerium dazu mit. Zusätzliche Arbeitslosenunterstützung, Hilfen für Unternehmen und Investitionsanreize für die Ölindustrie sollen auf diese Weise finanziert werden.
Der Fonds, der sich aus den Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft speist, ist etwa dreimal so viel wert wie das jährliche Bruttoinlandsprodukt Norwegens. Seine
Erträge sichern den umfangreichen Wohlfahrtsstaat ab. Der Staatsfonds hält Beteiligungen an mehr als 9000 Unternehmen weltweit und besitzt ganze 1,5 Prozent aller globalen börsenotierten Aktien.
„Wie seit dem Krieg nicht“
Die norwegische Zentralbank hat vorige Woche wegen der drohenden Coronarezession überraschend eine Nullzinspolitik beschlossen. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte der Notenbank zufolge heuer um etwa fünf Prozent einbrechen. „Das ist ein Rückgang in einer Größenordnung, wie wir ihn seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt haben“, erklärte Gouverneur Oeystein Olsen. „Es wird wahrscheinlich einige Zeit dauern, bis Produktion und Beschäftigung wieder das Niveau vor der Pandemie erreichen.“(Reuters/est)