Eine wenig durchdachte Energiewende
Wie man viele Milliarden in Versorgungsunsicherheit investiert.
W ie investiere ich einen mittleren dreistelligen Milliardenbetrag in eine „Energiewende“, die die Konsumenten mit dem höchsten Strompreis aller Industrieländer belastet, die Versorgungssicherheit ernsthaft gefährdet – und die trotzdem die meisten ihrer Ziele verfehlt? Wer dieses Kunststück nachvollziehen will, muss sich den in dieser Woche veröffentlichten jüngsten EnergiewendeIndex für Deutschland, den das Beratungsunternehmen McKinsey halbjährlich erarbeitet, genauer ansehen.
Wäre vielleicht auch eine Lektüre für heimische Energiepolitiker, die in jüngster Zeit ja auch gern von der raschen Umsetzung von 100 Prozent Ökostrom träumen und dabei ebenso gern Öko-Ideologie vor Physik kommen lassen.
Deutschland wird ja bekanntlich bis 2022 seine Kernkraftwerke stilllegen und danach recht zügig aus der „Kohleverstromung“aussteigen. Damit gehen, wie McKinsey schreibt, innerhalb der nächsten zehn Jahre 43 Prozent der „gesicherten Leistung“aus dem Netz. Und nein: Sonne und Wind können das nicht ersetzen, weil deren Produktion ein wenig flatterhaft und nicht zuletzt wegen des Fehlens ausreichender Speicherkapazitäten nicht immer verfügbar ist.
Damit ist die Versorgungssicherheit in Deutschland, wo es ja schon in diesem Sommer dreimal zu kritischen Situationen gekommen ist, ab dem kommenden Jahr in ernster Gefahr. Man werde also, so McKinsey, bis 2030 enorme konventionelle Kraftwerkskapazitäten – etwa Gaskraftwerke – errichten müssen, um die Schwankungen bei den Erneuerbaren auszugleichen.
Und/oder massenhaft Strom importieren. Schon demnächst wird das Land deshalb vom Nettoexporteur zum Importeur werden. Also einfach gesagt: verstärkt Atomstrom aus Frankreich und Kohlestrom aus Polen beziehen. F ein: Man verlagert das Problem des schmutzigen Stroms also schlicht in die Nachbarländer. Und die Konsumenten müssen diesen Unfug auch noch, wie gesagt, mit einem Strompreis bezahlen, der fast 50 Prozent über dem Europaschnitt liegt.
Das Problem: Auch andere europäische Länder eifern den Deutschen beim Umstieg nach. Und zwar zu schnell und unüberlegt. Das wird letztendlich in ganz Europa die Strompreise treiben und die Versorgungssicherheit gefährden. Lässt sich das wirklich nicht intelligenter bewerkstelligen?