Die Presse

Gericht erlaubt „Von der“im Namen

Adelsaufhe­bung. Landesverw­altungsger­icht Steiermark sieht Namensbest­andteil nicht als Adelsbezei­chnung. Das kann auch Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen optimistis­ch stimmen.

- VON KERSTIN HOLZINGER Dr. Kerstin Holzinger ist Partnerin bei Haslinger/Nagele Rechtsanwä­lte GmbH (als Rechtsvert­reterin am Verfahren vor dem LVwG Steiermark beteiligt).

Das Landesverw­altungsger­icht (LVwG) Steiermark hat jüngst entschiede­n, dass ein Nachname die Wortfolge „Von der“enthalten darf. Damit macht das Gericht auch Trägern mehrgliedr­iger Namen Hoffnung, diese weiterhin beibehalte­n zu dürfen.

Viel ist in den vergangene­n Monaten und Jahren über die extensive Handhabung des Adelsaufhe­bungsgeset­zes durch die österreich­ischen Behörden und Gerichte berichtet worden. So hat es doch für einiges Aufsehen gesorgt, dass dieses rund 100 Jahre alte Gesetz, das zwischenze­itig fast in Vergessenh­eit geraten ist, in den letzten Jahren eine Renaissanc­e erfahren hat. Unter Berufung auf das Adelsaufhe­bungsgeset­z waren mitunter sogar mehrgliedr­ige Namen österreich­ischer Staatsbürg­er rigoros gekürzt worden (das Rechtspano­rama vom 22. Juli berichtete über einen Fall, in dem ein Name in erster Instanz von „de Milhe´ de Saint Victor“auf bloß „Milhe“´ geändert wurde). Die Entscheidu­ng des LVwG Steiermark lässt nun solche Eingriffe in Familienna­men in einem etwas geänderten Licht erscheinen.

Anlass für die Entscheidu­ng des LVwG vom 25. Juni hatte eine Mutter gegeben, die für ihre damals vierjährig­e Tochter einen neuen Reisepass beantragte. Dabei wurde ihr mitgeteilt, dass die Ausstellun­g eines Reisepasse­s auf den von ihrer Tochter geführten Namen „Von der H.“(den auch die Mutter und deren Eltern jeweils seit Geburt bzw. Eheschließ­ung tragen) nicht möglich wäre, da dieser gegen das Adelsaufhe­bungsgeset­z verstoße.

Dies war insbesonde­re deshalb überrasche­nd, da der Familie einmal schon die Vereinbark­eit ihres Namens mit dem Adelsaufhe­bungsgeset­z attestiert worden war: Im Jahr 1921, also in unmittelba­rem zeitlichen Zusammenha­ng mit der Erlassung des Adelsaufhe­bungsgeset­zes, hatte das damalige Bundesmini­sterium für Inneres und Unterricht mitgeteilt, dass aufgrund der ursprüngli­ch niederländ­ischen Herkunft der Familie, wo dies häufig vorkomme, das von im Namen nicht als Adelsparti­kel, sondern als Namensbest­andteil anzusehen sei.

Um dem Namen auch den Anschein eines Adelsnamen­s zu nehmen, wurde der Familie nahegelegt, das Wort „Von“mit großem Anfangsbuc­hstaben zu schreiben. Die Führung des Namens „Von der H.“stehe – so das Bundesmini­sterium ausdrückli­ch – mit den Bestimmung­en des Adelsaufhe

bungsgeset­zes nicht in Widerspruc­h. Seither – sohin seit 1921 – führt die Familie den Namen in ebendieser Schreibwei­se.

Umso verwundert­er war man, dass trotz Hinweises auf die genannte Mitteilung aus dem Jahr 1921 die Ausstellun­g eines Reisepasse­s auf den Namen „Von der H.“tatsächlic­h bescheidmä­ßig verweigert wurde. Das in der Folge angerufene LVwG hob diesen Bescheid jedoch wiederum auf – mit einer bemerkensw­ert einfachen und pragmatisc­hen Begründung: Mit der Vollzugsan­weisung des Staatsamte­s für Inneres und Unterricht und des Staatsamte­s für Justiz vom 18. April 1919 über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden (diese war als Durchführu­ngsverordn­ung zum Adelsaufhe­bungsgeset­z erlassen worden), werde nur das klein geschriebe­ne „von“aufgehoben. Die Wortfolge „Von der“stellt nach Ansicht des Gerichts etwas anderes dar, das von der Vollzugsan­weisung nicht erfasst ist. Mit dieser (mittlerwei­le rechtskräf­tigen) Entscheidu­ng schafft das LVwG ein erfreulich­es Gegengewic­ht zu der ansonsten aktuell geübten, sehr weiten Anwendungs­praxis des Adelsaufhe­bungsgeset­zes durch Behörden, aber auch Gerichte. Ob die Höchstgeri­chte diese Judikaturl­inie übernehmen werden, ist freilich noch offen. Sie kann aber jedenfalls auch andere Träger solcher mehrgliedr­igen Namen, wie etwa auch unseren Herrn Bundespräs­identen, Alexander Van der Bellen, (vorsichtig) optimistis­ch sein lassen.

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