Durch das Heim der Zukunft spazieren
Digitale Tools helfen immer öfter dabei, Planungs- und Einrichtungsfehler zu vermeiden. Das spart allen Beteiligten Zeit, Geld und Nerven. Was man unbedingt dabei beachten sollte.
Zu wissen, wie das künftige Heim aussieht, und das bereits in der Planungsphase – was in der Vergangenheit unmöglich war, wird im Zuge der Digitalisierung jetzt allmählich Realität. Oder zumindest scheinbar Realität. Virtual Reality nennt sich die Technologie, die es potenziellen Eigenheimbesitzern ermöglicht, bereits im Planungsstadium durch die eigenen vier Wände zu spazieren.
Benötigt werden dafür ein dreidimensionales Gebäudemodell, eine VR-App sowie eine VR-Brille. „Damit kann jeder Architekt und Baumeister das künftige Eigenheim visualisieren“, sagt Alexander Grass von Side – Studio for Information Design. Planung und Abwicklung würden dadurch enorm vereinfacht. „Die Bauherren können durch das Gebäude gehen und Änderungswünsche äußern, der Planer kann diese sofort umsetzen“, sagt Grass. Etwaige Planungsfehler können somit vermieden werden. Um interne Prozesse effizienter zu gestalten und Kundenbedürfnisse noch besser erfüllen zu können, ist etwa der Ziegelhersteller Wienerberger bereits auf diesen Zug aufgesprungen.
Gemeinsam mit dem oberösterreichischen Unternehmen MoxVR wurde eine VR-App gestaltet, mit der individuelle Baupläne virtuell dargestellt und für Häusl- bauer mittels einer VR-Brille im Rahmen eines Rundgangs erlebbar gemacht werden. Das Service wird bei Wienerberger-Massivhauspartnern in ganz Österreich eingesetzt.
„Oft kann man sich anhand von Bauplänen nicht so richtig vorstellen, wie das fertige Traumhaus aussehen oder wie man sich in den einzelnen Räumen fühlen wird“, sagt Wienerberger-Chef Mike Bucher. Da das genauso für die Einrichtung gilt, wurden in die App Einrichtungspläne miteinbezogen. Kunden können zwischen unterschiedlichen Möblierungen wählen und sich so bereits vor Einzug ein Bild ihrer künftigen vier Wände machen. Nach der Einreichung der individuellen Bau- und Einrichtungspläne durch den Massivhauspartner wird der Link zum virtuellen Rundgang innerhalb von 48 Stunden bereitgestellt. Kostenpunkt pro Haus: 400 Euro.
Bei der AR wird die Realität mit digitalen Informationen oder Daten angereichert, der Nutzer nimmt Erstere nach wie vor wahr. Beide Welten können so miteinander kombiniert werden. Erlebbar wird AR etwa mittels Smartphone, Tablet oder Head-up-Display.
Dabei handelt es sich um ein virtuelles Abbild der Realität, das nur mit VR-Brille erlebbar wird. Die virtuelle Welt kann gesehen, gehört und gespürt werden. Das Radstädter Einrichtungshaus Möbel Maier setzt seit zwei Jahren beim Einrichten ebenfalls auf VR. „Wir haben das System selbst entworfen“, erzählt Inhaber Marco Hornegger. Kunden könnten damit in einem fünf mal fünf Meter großen Raum im Geschäft virtuell durch ihre Wohnräume spazieren, sie einrichten und das Ergebnis begutachten. „Das mit dem eigenen Raum ist einzigartig in Österreich“, sagt Hornegger. Gerade in Hinblick auf die Farb- und Detailgestaltung, etwa bei Küchen, sei die virtuelle Realität für Kunden und Einrichter eine enorme Erleichterung. „Sie schafft Planungssicherheit und erhöht Vertrauen und Kundenzufriedenheit“, sagt Hornegger. Um auch anderen Möbel- und Einrichtungshäusern den Weg in die virtuelle Welt zu erleichtern, hat Hornegger mittlerweile eine eigene Firma gegründet, die das VR-System vertreibt. „Nachfrage und Rückmeldungen sind sehr gut“, sagt er zufrieden.
Um jenen, die nur einzelne Möbelstücke kaufen, die Entscheidung zu erleichtern, kommt in diesem Fall ein Augmented-RealityTool zum Einsatz. „Die Kunden machen ein Foto des Raums, geben es uns, und wir spielen das jeweilige Möbelstück ein“, sagt Hornegger. Auch Ikea bietet im App-Store gratis eine AugmentedReality-App zum Download an. „Im Moment dient die Ikea-PlaceApp vor allem als Planungshilfe, die mit den Katalogprodukten und den dazugehörigen Informationen verbunden ist“, sagt Barbara Riedl, Pressesprecherin von Ikea Österreich. „Sie ist eine gute Hilfe, wenn man sich vorstellen möchte, wie bestimmte Möbel in der eigenen Wohnung aussehen, und, ob sie zu Raum und Einrichtung passen, wie sie wirken.“Ein Service, das Riedl zufolge von den Kunden sehr gut angenommen werde.
Beim Fertighaushersteller Hartl Haus ist die Erweiterung der Realität ebenfalls ein ganz großes Thema. Kunden können derzeit mittels kostenlos downloadbarer ARApp ihr Traumhaus direkt im Katalog am Smartphone interaktiv ansehen und in 3-D auf sich wirken lassen. Derzeit wird die App neu aufgesetzt: In Zukunft sollen die Häuser quasi auf das jeweilige Grundstück „gestellt“und gleichsam vor Ort virtuell besichtigt werden können. „Aber wir arbeiten auch an einer VR-Lösung“, sagt Hartl-Haus-Sprecher Philipp Müller. Diese soll demnächst präsentiert werden.
Noch gebe es ein paar Hürden zu überwinden: „Es geht unter anderem um die Schnittstellen zwischen Zeichenprogramm und VRBrille sowie um die richtige Verarbeitung der Daten“, erklärt Müller. Ein weiterer Punkt sei, dass VR derzeit nur mit einer, jedoch nicht mit zwei Brillen funktionieren würde. „Bei Augmented Reality kann man derzeit besser mitschauen“, sagt Müller.