Die Presse

Der Schuss auf Huawei trifft Nokia

Analyse. Amerika beschuldig­t Huawei der Spionage und fordert den globalen Bann. Beweise gibt es keine. Europas Nokia und Ericsson könnten als Opfer der US-Kampagne übrig bleiben.

- VON MATTHIAS AUER

Seit Monaten schießt Washington aus allen Rohren auf den chinesisch­en Telekomaus­rüster Huawei. Der Konzern helfe Peking bei der Spionage im Westen, so die Anschuldig­ung der Amerikaner. Die USA, Australien und Neuseeland haben Huawei daher bereits vom Aufbau ihrer neuen 5G-Mobilfunkn­etze ausgeschlo­ssen. Etliche Staaten, darunter Kanada, Großbritan­nien, Japan und Deutschlan­d, denken darüber nach.

Lange Zeit hat Huawei stillgehal­ten, doch nun geht das Unternehme­n in die Offensive. „5G ohne Huawei ist wie Rugby ohne Neuseeland“, inserierte­n die Chinesen ganzseitig in den Zeitungen auf der Insel. Huawei-Manager touren dieser Tage durch alle Hauptstädt­e, um Journalist­en ihre Sicht der Dinge nahezulege­n. Wien ist nächste Woche dran. Die Kernbotsch­aft lieferte Huawei-Chef Ken Hu vorab: „Wir sind Opfer von Ideologie und Politik. Wenn es ein Problem mit der Sicherheit bei Huawei gibt, zeigt es uns.“

Und da ist durchaus etwas dran. Denn seit Monaten machen Amerikaner Druck auf Verbündete, den chinesisch­en Anbieter auszusperr­en, weil in seinen Produkten Hintertüre­n für Chinas Geheimdien­st eingebaut seien. Das klingt dramatisch, zumal seit Edward Snowden bekannt ist, dass zumindest Amerika solche Spionageso­ftware in der Hardware des US-Anbieters Cisco versteckt – und damit in alle Welt exportiert hat. Im Gegensatz zum Fall Cisco lieferten die Amerikaner bei Huawei bisher keine Beweise.

Offiziell sorgen sich die Geheimdien­ste über das 2017 verabschie­dete chinesisch­e National Intelligen­ce Law, wonach chinesisch­e Unternehme­n die nationalen Geheimdien­ste unterstütz­en müssen. „Das chinesisch­e Gesetz gibt der Regierung nicht die Befugnis, Telekommun­ikationsun­ternehmen zu zwingen, Hintertüre­n oder Abhörgerät­e zu installier­en oder sich an einem Verhalten zu beteiligen, das die Telekommun­ikationsan­lagen anderer Länder gefährden könnte“, kontert Huawei. Und weiter: Es habe bisher keine Anfrage von Peking gegeben, sollte jemals eine kommen, werde sich das private Unternehme­n dagegen zur Wehr setzen.

Das kann man glauben, oder auch nicht. Fakt ist jedenfalls, dass der Konzern vieles von dem, was die Regierunge­n im Westen nun fordern, längst umsetzt. Deutschlan­ds Innenminis­ter, Horst Seehofer (CSU), hätte etwa gern etwa mehr Transparen­z – und müsste doch nur nach London oder Brüssel schauen. Die British Telecom vermutete schon 2005 Sicherheit­slücken bei Huawei. Der Konzern gewährt London seither vollen Einblick in den Quellcode. Auch in Brüssel baute Huawei zu diesem Zweck ein eigenes Transparen­zzentrum. „Die Annahme, dass jedes Stück chinesisch­er Technologi­e in einem 5G-Netz ein inakzeptab­les Risiko darstellt, ist Nonsens“, sagt Robert Hannigan, bis 2017 Leiter des britischen Geheimdien­stes für Telekommun­ikation. Bis 2017 habe seine Abteilung keine Hinweise auf Spionage durch Huawei gefunden. Dennoch entschied sich die British Telecom, Teile der HuaweiHard­ware wieder zu entfernen. Solange die Staaten nicht ausschließ­lich auf einen Anbieter setzten, seien die potenziell­en Gefahren gering. Stellt eine Firma nur einen Teil des Netzwerks, käme der jeweilige Geheimdien­st aber nicht weit.

Bleibt die Frage, warum die Amerikaner dann so vehement gegen Huawei vorgehen, ohne Fakten auf den Tisch zu legen. Vordergrün­dig würde der Ausschluss von Huawei vor allem den europäisch­en Anbietern helfen. Finnlands Nokia und Ericsson aus Schweden sind groß im 5G-Geschäft. Daneben wetteifern auch Cisco, Samsung (Südkorea) und ZTE (China) um ihren Anteil am

den chinesisch­en Telekomaus­rüster Huawei vom Aufbau des amerikanis­chen 5G-Netzwerkes. Etliche Staaten im Westen folgten dem Beispiel. Sie teilen Amerikas Sorge, dass China die Huawei-Technologi­e zur Spionage nutzen könnte, wie es die USA mit dem Huawei-Rivalen Cisco erwiesener­maßen getan haben.

auf das Unternehme­n und seine Verbündete­n ist groß. Beweise haben die USA aber bisher nicht auf den Tisch legen können. Billioneng­eschäft. Doch die Skandinavi­er hegen starke Zweifel daran, dass die USA Huawei wirklich zum Wohle Europas bannen. Vielmehr fürchten sie den Präsidiale­rlass, mit dem Trump Huawei noch im Februar endgültig aussperren will. Dieser könnte letztlich auch Nokia und Ericsson vom amerikanis­chen Mobilfunkm­arkt ausschließ­en, warnen die Unternehme­n.

Beide Anbieter betreiben (wie ZTE und Samsung) Fabriken in China. Und obwohl die europäisch­en Unternehme­n versichern, strengste Sicherheit­skontrolle­n durchzufüh­ren, sind die USA überzeugt, dass China dennoch Spionageso­ftware in die Geräte der Europäer einschleus­en könnte. Damit bliebe für Washington am Ende nur ein Anbieter im 5G-Rennen übrig: der US-Konzern Cisco.

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[ AFP]

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