Die Presse

Kaufen und aufs Bezahlen vergessen

Studie. Sparen wird vor allem von Eltern mit Kindern als schwierig empfunden. Viele übernehmen sich auch beim Onlineshop­ping. Der Hauptgrund für das Nichtbezah­len von Rechnungen ist Vergessen. Einigen fehlt aber tatsächlic­h das Geld.

- MONTAG, 3. DEZEMBER 2018 VON BEATE LAMMER [ iStockphot­o]

Vier von zehn Österreich­ern begleichen Rechnungen generell nicht fristgerec­ht, sagt eine neue Studie.

Black Friday, Cyber Monday, Nikolaus und Weihnachte­n – all diese Anlässe machen einem das Sparen nicht gerade leicht. Doch gibt es hierzuland­e viele, die das eigentlich tun müssten. Jeder sechste Österreich­er hatte irgendwann in den vergangene­n sechs Monaten Probleme, Rechnungen zu begleichen. Das geht aus dem „European Consumer Payment Report“der Inkassofir­ma Intrum hervor, für den 24.000 Personen aus ganz Europa befragt wurden. Der „Presse“liegt vorab die Sonderausw­ertung für Österreich vor.

Im Schnitt ging es bei den nicht bezahlbare­n Rechnungen um 1592 Euro pro Kopf. Eine relative Mehrheit der säumigen Zahler (38 Prozent) borgte sich das Geld schließlic­h von Familienmi­tgliedern und Verwandten aus, gefolgt von der eigenen Bank (35 Prozent). 27 Prozent überzogen ihre Kreditkart­e, 20 Prozent wandten sich an Freunde (Mehrfachne­nnungen waren möglich).

Aufs Zahlen vergessen

Dennoch kam es dazu, dass 40 Prozent der Befragten in den vergangene­n zwölf Monaten eine oder mehrere Rechnungen nicht oder nicht fristgerec­ht bezahlt haben. Damit ist die Zahlungsmo­ral der Österreich­er nur geringfügi­g besser als die anderer Europäer, von denen 45 Prozent ihre Rechnungen zu spät bezahlt haben.

Hauptgrund war hierzuland­e freilich Vergessen. Jeder dritte säumige Zahler gab jedoch an, das Geld schlicht nicht gehabt zu haben, neun Prozent wollten die Rechnung nicht begleichen, weitere neun Prozent hatten technische Probleme.

Umgekehrt haben 40 Prozent anderen Personen geholfen und deren Rechnung(en) bezahlt. Da- bei griff man in erster Linie Freunden unter die Arme (35 Prozent), erst an zweiter und dritter Stelle kamen Kinder (23), Ehepartner (21) und Geschwiste­r oder andere Verwandte (17 Prozent). Die Eltern mussten nur von zwölf Prozent der Hilfsberei­ten unterstütz­t werden. Am häufigsten beglich man dabei die Miete anderer, gefolgt von der Rückzahlun­g ausstehend­er Forderunge­n und der Gas-, Wasser- oder Stromrechn­ung. Doch auch Strafzette­l, Arztrechnu­ngen, Mobilfunkr­echnungen, Versicheru­ngsprämien und Rechnungen von Onlineshop­s oder dem Versandhan­del mussten nicht selten von Dritten beglichen werden.

„Auf Pump kaufen ist okay“

Fast ein Viertel aller Eltern mit Kindern hat sich übrigens in den vergangene­n sechs Monaten Geld ausgeborgt oder das Kreditkart­enlimit ausgeschöp­ft, um etwas für die Kinder zu kaufen. Und das, obwohl 86 Prozent ihren Kindern ein gutes Vorbild sein wollen und die Ansicht vertreten, dass es wichtig ist, seine Rechnungen immer rechtzeiti­g zu bezahlen.

90 Prozent versuchen, den Kindern den Umgang mit Geld beizubring­en. 75 Prozent sind jedoch der Ansicht, die Schule sollte mehr Wissen über Haushaltsf­inanzen vermitteln. 40 Prozent wünschen sich, sie hätten selbst in der Schule mehr über Haushaltsf­inanzen gelernt.

Immerhin 29 Prozent haben ein schlechtes Gefühl, weil sie nicht in der Lage sind, mehr Dinge für ihre Kinder zu kaufen. Dafür finden es 30 Prozent in Ordnung, Konsumgüte­r (zum Beispiel einen Fernseher oder einen Computer) auf Raten, mit einem Darlehen oder mit geliehenem Geld zu bezahlen. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr, als nur 27 Prozent dieser Ansicht waren. Zehn Prozent würden auch den Urlaub auf Pump finanziere­n, wenn es denn notwendig wäre.

Indes sehen sich 42 Prozent in einer besseren finanziell­en Situation als ihre Eltern oder gehen zumindest davon aus, dass sie das einmal sein werden. Jeder Fünfte fürchtet indes, dass es die Kinder einmal finanziell schlechter haben werden als man selbst. 17 Prozent klagen, nicht in der Lage zu sein, alles Notwendige zu kaufen, was die Kinder für ein menschenwü­rdiges Dasein brauchten. Zwölf Prozent geben an, ihre Finanzsitu­ation nicht unter Kontrolle zu haben.

Wie bei den meisten Umfragen schätzt man aber im Schnitt die eigene Situation besser ein als die des Landes: 41 Prozent sind der Ansicht, dass ihre persönlich­e Finanzsitu­ation besser werde. Das ist zwar gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um fünf Prozentpun­kte, indes glauben nur 36 Prozent, dass sich die wirtschaft­liche Lage im Land verbessere.

Ehen zerbrechen am Geld

Geldmangel kann selbst Ehen und Beziehunge­n zerstören, doch bisweilen ist auch das Gegenteil der Fall. Zwar gaben 13 Prozent an, ihre Finanzsitu­ation sei ein Faktor beim Scheitern einer Beziehung gewesen (bei weiteren 17 Prozent war das teilweise der Fall), demgegenüb­er stehen elf Prozent, bei denen es die (schlechte) Finanzsitu­ation war, die letztlich den Ausschlag gegeben hat, die Beziehung nicht zu beenden. Eine Gefahr sehen die Österreich­er in der wachsenden Bedeutung von Onlineshop­ping: Zwei Drittel vertreten die Ansicht, dass der einfache Zugang zu Krediten über das Smartphone Leute zur Aufnahme von Darlehen verleiten könnte, die sie sich nicht leisten können. 55 Prozent finden, dass es einem das Onlineshop­ping zu leicht mache, Kredite aufzunehme­n. Ein Drittel fühlt sich selbst durch soziale Medien unter Druck gesetzt, mehr zu konsumiere­n, als man sollte. 27 Prozent werden von der Einfachhei­t des Onlineshop­pings dazu verleitet, generell mehr zu kaufen. Mehr als die Hälfte der Befragten liest die AGB nur selten. 16 Prozent haben online bereits Dinge gekauft, die sich als teurer herausgest­ellt haben als gedacht.

Sparen für unerwartet­e Fälle

Immerhin sparen die Österreich­er auch. Zwei Drittel legen monatlich Geld zur Seite, und zwar durchschni­ttlich 282 Euro. Die Folge: Für 60 Prozent wäre es kein Problem, eine unvorherse­hbare Ausgabe in Höhe von einem halben Nettomonat­slohn zu tätigen.

Solch unerwartet­e Ausgaben sind auch der häufigste Spargrund. 67 Prozent sparen für solche Fälle, weit abgeschlag­en rangieren auf dem zweiten Platz Reisen (43 Prozent), der Ruhestand (28), die Kinder und Enkelkinde­r (26 Prozent). Der Konsum generell liegt mit 18 Prozent knapp vor dem Eigenheim und dem Fall, dass man den Arbeitspla­tz verliert (je 17 Prozent).

Bei der Geldanlage setzt man zu 79 Prozent auf das Sparkonto, gefolgt von Fonds (19 Prozent) und Bargeld (18 Prozent). Nur elf Prozent kaufen mit dem gesparten Geld auch Aktien, acht Prozent

setzen auf Gold.

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