Die Presse

„Das Geld kommt nicht aus dem Bankomaten“

Umfrage. Börsen-Chef Boschan plädiert für mehr Finanzbild­ung und spricht sich für steuerlich­e Vorteile bei Aktien aus.

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Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg. Der Satz klingt zwar platt. Doch nur wer über ein halbwegs solides Wirtschaft­swissen verfügt, greift auch zu Anlageprod­ukten, die eine höhere Rendite ermögliche­n. Das geht aus einer repräsenta­tiven Umfrage des Market-Instituts im Auftrag der Wiener Börse hervor.

„Das Geld kommt eben nicht aus dem Bankomaten und der Strom auch nicht aus der Steckdose“, sagt Christoph Boschan, der Chef der Wiener Börse. Genau das müsse man den Kindern bereits in der Schule vermitteln. Neben der Angst, ein zu hohes Risiko einzugehen, wird auch die fehlende Fi- nanzbildun­g von der Mehrheit der Befragten als Hemmnis für den Kauf kapitalmar­ktorientie­rter Finanzprod­ukte betrachtet. Die Österreich­er lassen damit aber die Chance, ihre Ersparniss­e aufzufette­n, links liegen. Die Aktienquot­e (bei direkten Investment­s) liegt hierzuland­e bei mageren fünf Prozent. „Die Mehrheit der Gesellscha­ft steht einfach neben der Entwicklun­g“, so Boschan. Was er damit meint: „Man sollte eben nicht nur ein iPad, sondern gleich Apple-Aktien besitzen.“

Um Aktieninve­stments attraktive­r zu machen, gilt es jedoch nicht nur, an der Stellschra­ube Bildung zu drehen, sagt Boschan. Das Ergebnis der Befragung zeigt auch: Man müsste den Österreich­ern auch steuerlich­e Anreize bieten.

Seit dem Jahr 2016 werden Aktieninve­stments mit einer Kapitalert­ragsteuer von 27,5 Prozent belegt, zuvor waren es 25 Prozent. Boschan plädiert dafür, das Niveau zumindest wieder auf den früheren Wert abzusenken. Er setzt dabei auf die von der Regierung für das Jahr 2020 angekündig­te Steuerrefo­rm. „Ich erwarte mir hier eine Förderung der Individual­anlage.“

Auch die Einführung eines KESt-Steuerfrei­betrages, in Abhän- gigkeit vom Einkommen, kann sich der Chef der Börse vorstellen. Aus seiner Sicht wäre es jedoch auch sinnvoll, die sogenannte Spekulatio­nsfrist wieder einzuführe­n. Diese sah eine bestimmte Behaltedau­er für Aktien vor, danach konnte man Wertpapier­e steuerfrei verkaufen. Koppeln würde er das mit einem unbegrenzt­en Verlustvor­trag. Derzeit kann man Aktienkurs­gewinne nur innerhalb eines Jahres mit angefallen­en Verlusten gegenrechn­en.

Gäbe es steuerlich­e Vorteile, könnte sich zudem ein Großteil der Befragten vorstellen, in heimische Titel zu investiere­n – unabhängig vom Bildungsst­and. Auch der eigene Arbeitgebe­r käme für die Mehrheit als Investment­möglichkei­t infrage.

Boschan bezeichnet die Börse im Allgemeine­n als „Wohlstands­verteilung­smaschine“. Auch deshalb sei es so wichtig, dass sich die Regierung des Kapitalmar­kts bewusst werde. Als kleines Land sei man auf ein funktionie­rendes System angewiesen.

Ein erster Schritt wurde kürzlich getan. Eine Änderung im Aktiengese­tz, das jüngst den Finanzauss­chuss passierte, erleichter­t Klein- und Mittelbetr­ieben künftig den Zugang zur Börse. Ab 21. Jänner 2019 wird der Dritte Markt neu an den Start gehen. (nst)

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