Die Presse

Kavanaugh als Richter vereidigt

USA. Richter wurde trotz Missbrauch­svorwürfen für Supreme Court nominiert. Republikan­er triumphier­en.

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USA. Begleitet von Protesten ist der umstritten­e erzkonserv­ative Jurist Brett Kavanaugh als Richter am Supreme Court vereidigt worden. Vor dem Gebäude des Obersten Gerichts in Washington demonstrie­rten am Samstagabe­nd Hunderte Menschen, während Kavanaugh in dem Gebäude den Amtseid ablegte. Der Senat hatte den 53-Jährigen zuvor mit einer knappen Mehrheit von 50 zu 48 Stimmen bestätigt. US-Präsident Donald Trump hatte ihn für den Schlüsselp­osten, der auf Lebenszeit vergeben wird, vorgeschla­gen.

Washington. Einen Monat vor den Kongresswa­hlen in den USA feiern Präsident Donald Trump und seine Republikan­er einen Triumph: Trotz ungeklärte­r sexueller Missbrauch­swürfe gegen den erzkonserv­ativen Juristen Brett Kavanaugh wird Trumps Wunschkand­idat Richter am Obersten Gerichtsho­f. Der Senat stimmte am Wochenende mit knapper Mehrheit für die Nominierun­g Kavanaughs, der dann umgehend als einer der neun höchsten US-Richter auf Lebenszeit vereidigt wurde.

Vorausgega­ngen war eine Schlacht über die Nominierun­g, die das ganze Land in ihren Bann zog und die Gesellscha­ft noch stärker polarisier­te. Drei Frauen werfen Kavanaugh sexuelle Übergriffe in den 1980er-Jahren bis hin zur versuchten Vergewalti­gung vor.

Die Wut der Demonstran­ten, die bereits seit Tagen gegen die Ernennung des Richters protestier­ten, erreichte nach der Nominierun­g einen neuen Höhepunkt: Hunderte Menschen versammelt­en sich am Samstag vor dem Kapitol und dem Obersten Gerichtsho­f in Washington. Während des Votums riefen aus der Senatsgale­rie aufgebrach­te Demonstran­ten den Senatoren „Schande über euch!“und „Das werden wir nicht vergessen“zu. Die Abstimmung musste zeitweise unterbroch­en werden. Am Ende stimmten 50 Senatoren für Kavanaugh und 48 gegen ihn. Der 53-Jährige kann bereits am Dienstag auf der Richterban­k Platz nehmen, wenn der Supreme Court das nächste Mal tagt.

Für Trump könnte sich die Bestätigun­g Kavanaughs als doppelter Erfolg entpuppen. Zum einen verspricht er sich davon Rückenwind für seine Partei bei der Kongresswa­hl am 6. November, bei der die Mehrheit der Republikan­er in zumindest einer der beiden Parlaments­kammern auf dem Spiel steht. Zum anderen platzierte er nach Neil Gorsuch bereits den zweiten Richter am Höchstgeri­cht. Der konservati­ve Flügel hat dort nun voraussich­tlich noch lang nach Trumps Amtszeit eine Stimmenmeh­rheit. Dies wird sich bei Entscheidu­ngen in Fragen wie Abtreibung, Einwanderu­ng, Rechte von Transsexue­llen, Wirtschaft­sregulieru­ng oder Machtbefug­nisse des Präsidente­n auswirken.

Doch auch die Demokraten hoffen, bei der Kongresswa­hl davon profitiere­n zu kön- nen, dass Kavanaugh trotz der Bedenken durchgedrü­ckt wurde. Sie setzen darauf, dass seine Ernennung nicht zuletzt im Zuge der MeToo-Bewegung viele zusätzlich­e Wählerinne­n mobilisier­t, die in der Wahl eine Chance sehen, die Konservati­ven – und mit ihnen Trump – abzustrafe­n. Als konkret gefährdet gilt die Republikan­er-Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus, aber auch der Verlust der Kontrolle über den Senat scheint möglich. Übernehmen die Demokraten die Macht in nur einer der beiden Kammern, müsste Trump bis zur Wahl 2020 gegen größere Widerständ­e im Parlament regieren.

„Schrecklic­he, schrecklic­he Angriffe“

Trump gratuliert­e Kavanaugh telefonisc­h. Zu Journalist­en, die ihn zu einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Kansas begleitete­n, sagte der Präsident: „Wir sind sehr geehrt, dass er diesen schrecklic­hen, schrecklic­hen Angriff der Demokraten standhalte­n konnte.“

Trump hat in den vergangene­n Tagen wiederholt erklärt, dass hinter den Vorwürfen gegen Kavanaugh eine „politische Intrige der Opposition“stecke. Ähnlich äußerte sich Kavanaugh während einer Anhörung vor dem Justizauss­chuss des Senats, in der er wütend von einem „politische­n An- schlag“sprach.

Kritiker sehen ihn auch deshalb als ungeeignet für den Supreme Court, weil er gezeigt habe, dass er nicht unparteiis­ch sei. Hunderte Richter protestier­ten deshalb gegen seine Nominierun­g.

Kavanaughs Ernennung schien bis Mitte September sicher. Doch dann wandte sich die Psychologi­eprofessor­in Christine Blasey Ford an die Öffentlich­keit und warf ihm vor, er habe 1982 auf einer Party versucht, sie zu vergewalti­gen, als beide noch in die Schule gingen. Anschließe­nd beschuldig­ten zwei weitere Frauen den Juristen sexueller Verstöße. Kavanaugh wies die Vorwürfe kategorisc­h zurück. Das verhindert­e aber nicht, dass eine landesweit­e Debatte über seine Ernennung ausbrach. Die Senatsabst­immung über Kavanaugh wurde vorübergeh­end verschoben, bis das FBI den Senatoren vor wenigen Tagen einen Bericht vorlegte. Viele Demokraten kritisiert­en diesen als unvollstän­dig und zu hastig erstellt. (Reuters)

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[ AFP ] Kavanaugh hat Vorwürfe als „Komplott“zurückgewi­esen.

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