Die Presse

Der Boom vor dem Sturm

Handelskri­eg. US-Präsident Donald Trump kündigte weitere Strafzölle gegen China an. Das führt dazu, dass kurzfristi­g die chinesisch­en Ausfuhren in die USA neue Höchstwert­e erreichen.

- VON FELIX LEE

Bislang konnten Donald Trumps Strafzölle der chinesisch­en Exportwirt­schaft nicht viel anhaben. Im Gegenteil: Der chinesisch­e Überschuss im Handel mit den USA hielt sich im Juli mit über 28 Milliarden Dollar nahe seinem Rekordhoch – nach dem Juni-Wert mit nahezu 29 Milliarden. So hoch war das Handelbila­nzdefizit zwischen den beiden größten Volkswirts­chaften der Welt noch nie.

Wie das chinesisch­e Zollamt am Mittwoch mitteilte, legten Chinas Ausfuhren in die Vereinigte­n Staaten um 11,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresm­onat zu. Die chinesisch­en Exporte wuchsen im Juli gar um 12,2 Prozent. Ökonomen hatten mit einem Plus von zehn Prozent gerechnet. Sie führen Chinas anhaltend positive Handelszah­len darauf zurück, dass Unternehme­n noch möglichst viele Geschäfte abwickeln wollen, bevor weitere Zölle erhoben werden.

Wie das Weiße Haus in der Nacht auf Mittwoch mitteilte, sollen am 23. August weitere Strafzöl- le gegen China in Kraft treten. Sie würden 279 Waren im Wert von rund 16 Milliarden Dollar treffen. Betroffen sind Metalle, Chemikalie­n und Elektronik, die chinesisch­e Unternehme­n dann nur noch mit einem Aufschlag von 25 Prozent in den USA verkaufen dürfen. Nur kurze Zeit später kündigte das Handelsmin­isterium in Peking Abgaben in gleicher Höhe auf USEinfuhre­n an, darunter auf Öl, Kohle, Stahl und Medizintec­hnik. Die Abgaben sollen zeitgleich mit den US-Zöllen in Kraft treten.

Am 6. Juli hatten beide Länder gegenseiti­ge Zölle in der Höhe von 25 Prozent auf Importe im Wert von jeweils 34 Milliarden US-Dollar erhoben. Nun hat Trump in Erwägung gezogen, auf sämtliche Waren aus China Strafzölle zu erheben. Da China nicht so viel aus den USA einführt wie umgekehrt, erwägt die Führung in Peking Strafmaßna­hmen gegen US-Unternehme­n, die in der Volksrepub­lik tätig sind. Direkte Auswirkung­en der US-Strafzölle auf chinesisch­e Produkte seien bislang größtentei­ls durch die jüngste Abwertung des Yuan gedämpft worden, erklärt sich Julian Evans-Pritchard vom Analysehau­s Capital Economics das derzeit noch positive Ergebnis für Chinas Exportwirt­schaft.

Dies sei allerdings keineswegs auf eine gezielte Währungsma­nipulation zurückzufü­hren, wie Trump der chinesisch­en Führung mehrfach vorgeworfe­n hat, betont der US-Ökonom Joseph Stiglitz. „Mit abnehmende­r Nachfrage nach chinesisch­en Waren wird sich der Wechselkur­s des Renminbi automatisc­h abschwäche­n.“Dies gleiche die Auswirkung­en der US-Zölle teilweise aus. Stiglitz hält Trumps Vorgehen für kontraprod­uktiv. Es würde Chinas Wettbewerb­sfähigkeit gegenüber anderen Ländern noch mehr stärken.

Einzelne Branchen wie etwa Maschinenb­auer oder die Automobili­ndustrie in China bekommen die Folgen der Strafzölle auf beiden Seiten dennoch zu spüren. Wie der Branchenve­rband China Passenger Car am Mittwoch mitteilte, ist die Zahl der Verkäufe von Passagierw­agen im Juli im Vorjahresv­ergleich um 5,4 Prozent auf 1,6 Millionen Fahrzeuge zurückgega­ngen, die Zahl der SUV-Verkäufe ging gar um 6,9 Prozent zurück.

Das betrifft vor allem die deutschen Autobauer in China. Die chinesisch­e Führung hatte in Reaktion auf die US-Strafzölle die Importabga­ben für Autos aus den USA von 25 auf 40 Prozent erhöht. Daimler und BMW fertigen in den USA SUVs für den chinesisch­en Markt. BMW hat die Preise für seine Modelle in China bereits anheben müssen, Daimler gab im Juni eine Gewinnwarn­ung aus.

Die chinesisch­e Führung beteuert, China sei für einen Handelskri­eg bestens gewappnet. Doch selbst chinesisch­e Ökonomen bezweifeln das. China exportiere Waren im Wert von über 500 Milliarden Dollar im Jahr, sagt Zhang Jun von der Fudan Universtät in Shanghai. Das sei „sehr viel“. Strafzölle auf einen so hohen Warenwert würden „erhebliche­n Schaden mit sich bringen: für China, die USA und für die ganze Welt“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria