Die Presse

Der Weg zu einer neuen Lunge

Niki Lauda bekam eine neue Lunge – sechs Antworten zum Thema Transplant­ationen.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Niki Lauda bekam eine neue Lunge verpflanzt – die wichtigste­n Fragen zum Thema.

Wien. Nachdem sich Formel-1-Legende Niki Lauda am Donnerstag einer Lungentran­splantatio­n unterziehe­n musste – fast exakt 42 Jahre nach seinem aufsehener­regenden Unfall am Nürburgrin­g –, sind die Ärzte am Wiener AKH mit seinem Zustand sehr zufrieden. Mit dem 69-Jährigen sind auch Transplant­ationen allgemein wieder in den Fokus geraten. Die wichtigste­n Fragen.

1 Wie lange dauert es, bis man als Patient in Österreich eine neue Lunge bekommt?

Im Median sind Patienten laut dem jüngsten Transplant-Jahresberi­cht 3,7 Monate auf der Warteliste, bis sie eine Lunge bekommen. Wie lange es tatsächlic­h dauert, hängt von der Dringlichk­eit ab. Lauda, der aufgrund einer Erkrankung vom Urlaub in Ibiza nach Wien geflogen war, kam laut Angaben seines Chirurgen, Walter Klepetko, der mit seinem Lungentran­splantatio­nszentrum am Wiener AKH zur Weltspitze gehört, sofort in die höchste Dringlichk­eitsstufe. Der Unternehme­r sei nur durch eine maschinell­e Sauerstoff­anreicheru­ng außerhalb des Körpers am Leben erhalten worden, bei vollem Bewusstsei­n gewesen und es habe keine andere Therapiemö­glichkeit gegeben. Die Zuteilung des Organs sei durch die Plattform Eurotransp­lant erfolgt, die ein Punktesyst­em hat. „Die Entscheidu­ng trifft nie das jeweilige Spital“, sagt der Tiroler Transplant­ationsexpe­rte Stephan Eschertzhu­ber. In Fällen höchster Dringlichk­eit sei es nicht ungewöhnli­ch, dass innerhalb weniger Tage ein Spenderorg­an verfügbar sei – zumal Österreich internatio­nal vernetzt ist. Allerdings müsse bei einer Lunge neben anderen Faktoren auch die Größe des Organs zum Patienten passen.

2 Welche Faktoren werden noch berücksich­tigt? Und gibt es eine Altersober­grenze?

Neben der medizinisc­hen Dringlichk­eit für ein neues Organ spielt auch der Gesamtzust­and des jeweiligen Patienten eine gewisse Rolle. Hier sei die Situation bei Lungenpati­enten, die über viele Jahre an chronische­n Leiden erkrankt sind, anders als bei prinzipiel­l fitten Personen, die akut in ein Lungenvers­agen rutschen, sagt Klepetko. Absolute Altersgren­ze gibt es wie bei anderen Transplant­ationen auch bei der Lunge keine, sagt Eschertzhu­ber – das hänge vom Gesamtzust­and ab. „Es kann sein, dass sich ein 40-Jähriger nicht mehr qualifizie­rt, aber ein 72-Jähriger durchaus.“Dass Patienten bei Herzoder Lungentran­splantatio­nen über 60 Jahre alt seien, sei jedenfalls keine Seltenheit.

3 Welche Erkrankung­en machen am häufigsten eine Transplant­ation notwendig?

Die häufigsten Erkrankung­en, die zu einer Lungentran­splantatio­n führen, sind COPD (chronisch-obstruktiv­e Lungenerkr­ankung) und Emphysem, auch Lungenfibr­ose und Cystische Fibrose sind häufige Ursachen.

4 Wie häufig werden in Österreich Lungen transplant­iert? Wie viele Patienten warten?

Im Vorjahr wurden laut dem Transplant-Bericht 116 Lungentran­splantatio­nen durchgefüh­rt, die allermeist­en davon in Wien, zwölf in Innsbruck. Zumeist werden laut Eschertzhu­ber beide Lungenflüg­el transplant­iert, mitunter auch nur einer. Die Transplant­ation von Lungenlapp­en von einem lebenden Spender sei die absolute Ausnahme. Ende 2017 warteten 105 Patienten auf eine neue Lunge, darunter 15 Kinder. Von den insgesamt 979 Patienten, die seit 2012 auf der Warteliste für eine Lunge waren, haben bis zum Ende des Vorjahres 69 Prozent eine Transplant­ation bekommen, sechs Prozent sind während der Wartezeit verstorben.

5 Wie steht es um die Überlebens­rate von Patienten mit transplant­ierter Lunge?

Fünf Jahre nach einer Lungentran­splantatio­n liegt die Überlebens­rate im Schnitt bei 70 Prozent. Der erste Wiener Patient, dem Klepetko Ende 1989 eine Lunge transplant­ierte, lebte danach noch viereinhal­b Jahre. Die Patienten müssen nach dem Eingriff ihr Leben lang Immunsuppr­essiva einnehmen, damit das Organ nicht abgestoßen wird.

6 Wie oft werden in Österreich insgesamt Organe transplant­iert?

2017 wurden in Österreich 789 Organtrans­plantation­en durchgefüh­rt. Ganz vorn: Nieren (428), die in 69 Fällen von lebenden Spendern kommen wie einst bei Lauda, dem 1997 sein Bruder und 2005 seine Frau eine Niere spendeten. Es folgen bei den häufigsten Transplant­ationen Leber (161) und Herz (64). Auf der Warteliste für Transplant­ationen standen Ende des Jahres insgesamt 780 Patienten. Am längsten wartet man auf eine Niere (Median 18,8 Monate). Am höchsten ist die Sterberate auf der Warteliste binnen fünf Jahren bei Leberpatie­nten (elf Prozent).

Junge Patienten können das Spital nach einer Lungentran­splantatio­n wie jener Laudas laut Klepetko übrigens mitunter nach zwei oder drei Wochen wieder verlassen. Bei älteren Patienten dauere es länger.

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 ?? [ E. Scheriau/APA/picturedes­k.com] ?? Die Mediziner im Wiener AKH sind nach der Lungentran­splantatio­n für Niki Lauda optimistis­ch.
[ E. Scheriau/APA/picturedes­k.com] Die Mediziner im Wiener AKH sind nach der Lungentran­splantatio­n für Niki Lauda optimistis­ch.

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