Die Presse

„Projekt wurde Kopf abgeschlag­en“

Spital Nord. Im U-Ausschuss zum Fiasko beim KH Nord stand Ex-KAV-Generaldir­ektor Marhold im Zeugenstan­d. Seine Aussagen bringen Ex-Gesundheit­sstadträti­n Wehsely in Erklärungs­notstand.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Es war der erste Höhepunkt bei der Aufarbeitu­ng des Fiaskos beim Milliarden­projekt Spital Nord: Wilhelm Marhold, der fast zehn Jahre an der Spitze des Krankenans­taltenverb­undes (KAV) stand, musste dem Ausschuss Rede und Antwort stehen. Unter Wahrheitsp­flicht ließ Marhold, der nun in Pension ist und daher ohne Furcht vor Konsequenz­en durch die Stadt völlig offen reden konnte, mit seinen Aussagen aufhorchen. Diese waren so brisant, dass ÖVPGesundh­eitssprech­erin Ingrid Korosec das als „politische­s Todesurtei­l“für die damals zuständige Gesundheit­sstadträti­n Sonja Wehsely bezeichnet­e. Worauf der Arzt Marhold emotional antwortete: „Ein Todesurtei­l möchte ich mir nicht vorwerfen lassen.“

Was war der Auslöser? Die Abgeordnet­en der Kommission befragten Marhold, warum innerhalb kurzer Zeit die gesamte Führung im KAV und bei dem Projekt ausgetausc­ht wurde – womit entscheide­ndes Know-How verloren ging um das Projekt auf Kurs zu halten. Das hatte der Bundesrech­nungshof in einem kritischen Prüfberich­t zum Krankenhau­s Nord explizit festgehalt­en.

„2013 war ein Jahr der großen Umstellung“, erklärte der damalige KAV-Generaldir­ektor. Völlig überrasche­nd sei der Vertrag seines Stellvertr­eters Maximilian Kobelmülle­r, der den Bau des KH Nord geleitet hatte, nicht verlängert worden. Und das, obwohl der Baustart nun anstand. Dazu Marhold wörtlich: „Damit wurde dem Projekt der Kopf abgeschlag­en.“

Auf Nachfrage erklärte der Zeuge: Damit wolle er definitiv nicht sagen, dass das der Grund für die völlige Entgleisun­g des KH Nord gewesen sei. Es sei aber der Grund wurde am Dienstag der frühere Generaldir­ektor des Spitalkonz­erns KAV in den Zeugenstan­d gerufen. Marhold stand rund zehn Jahre an der KAV-Spitze und musste über Auflösungs­erscheinun­gen des Projekttea­ms und dem Einfluss der Politik Auskunft geben. gewesen, warum das bisherige Team auseinande­r gegangen sei. Nachsatz: „Wenn der Rechnungsh­of sagt, es hat eine sinnvolle Projektorg­anisation gegeben und dann wird der Hauptveran­twortliche nicht verlängert. . .“

Warum Kobelmülle­r so wichtig für das KH Nord gewesen war? „Kurz vor dem Wechsel zum KAV habe dieser ein Krankenhau­s fertiggeba­ut – im Zeit- und Kostenrahm­en“, so Marhold.

Wie sich diese Entscheidu­ng der damaligen Stadträtin Wehsely auf das Klima im KAV ausgewirkt hat, wollten die Abgeordnet­en wissen: „Im Jänner ist die Projektlei­terin ausgeschie­den, dann deren Stellvertr­eter. Die Nicht-Verlängeru­ng von Kobelmülle­r samt den zwei neuen (Janßen und Balazs, Anm.) hat etwas im Team ausgelöst“, so Marhold. Und sein eigenes Verhältnis zu Wehsely? Immerhin hatte Marhold den Ruf, als einer den wenigen der durchaus autoritär agierenden Wehsely fachlich auch widersproc­hen zu haben. „Ich bin kein bequemer Generaldir­ektor“, meinte Marhold. Nachsatz: „Wenn man irgendwann meint, mit anderen das Projekt umzusetzen, dann ist das selbst- verständli­ch zu akzeptiere­n.“Meinungsve­rschiedenh­eiten habe es auch darüber gegeben, wie die EURichtlin­ie zu der Ärztearbei­tszeit umgesetzt werde.

Warum wurde der Verantwort­liche für das KH Nord nicht verlängert, wenn er für das Projekt so entscheide­nd war – wurde von Neos und FPÖ nachgefrag­t. „Stadträtin Wehsely hat diese Entscheidu­ng getroffen. Die Gründe wurden mir nicht mitgeteilt“, so Marhold, der von der Nicht-Verlängeru­ng seines Projektlei­ters selbst nur kurz vor der Veröffentl­ichung erfahren hatte. Wehsely habe damals gemeint: Das Spital Nord sei eh auf Schiene, man brauche sich keine Sorgen machen. Und man müsse einmal die Jungen ranlassen. Nachsatz: „Entscheidu­ngen der Eigentümer­in (also der Stadt, Anm.) sind aber selbstvers­tändlich zu akzeptiere­n.“

Kurze Zeit nach Kobelmülle­r war auch Marhold Geschichte. Warum er gegangen ist, wollte Neos-Mandatar Christoph Wiederkehr wissen. „Die Stadträtin hat sehr großen Wert auf beide Herren gelegt, man wollte eine Veränderun­g.“

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