Die Presse

Hochverrat in Helsinki – und den Weltfriede­n braucht keiner?

Es kann schon sein, dass Wladimir Putin etwas gegen Donald Trump in der Hand hat. Aber wenn es Krieg verhindert?

- Martin Leidenfros­t, Autor und Europarepo­rter, lebt und arbeitet mit Familie im Burgenland. E-Mails an: debatte@diepresse.com

D onald Trump und Wladimir Putin kommen gut miteinande­r aus. Ich bin Mitglied Nummer 2.316.675 bei einer Bewegung, die tagtäglich für den Weltfriede­n betet, und hielt das für eine gute Nachricht. Ich bete nämlich manchen Rosenkranz für Trump und Putin und den saudischen Kronprinze­n. Ihnen schreibe ich derzeit das weitreiche­ndste Verheerung­spotenzial zu. Die drei können aber auch, wenn sie denn wollen, das Meiste für den Frieden tun.

Jetzt lese ich, dass Trump in Helsinki sein Vaterland verraten hat. Das sagen nicht nur die Beheizer der antirussis­chen Hysterie in den USA, das schreiben auch die Leitartikl­er in Europa. Die respektabl­en Gentlemen, die diesen Ton setzen, müssen Atlantiker sein. Man nennt sie so, weil sie Europas strategisc­he Grundausri­chtung jenseits des Atlantiks verorten. Atlantiker möchten dem militärisc­h-industriel­len Komplex der USA gern mehr europäisch­es Steuergeld zukommen lassen, denn sie lassen sich ihre Überzeugun­gen etwas kosten. Sie haben Werte, und die zwei alten Drecksäcke von der Pressekonf­erenz in Helsinki haben keine.

In Europa haben es die Atlantiker immer schwer gehabt. Die Stimmung ist oft antiamerik­anisch, und nun bezweifelt der USPräsiden­t auch noch den Sinn der Nato. Seither gibt es kein sicheres Ufer mehr. Die Atlantiker sind jetzt im Atlantik. Schiffbrüc­hig, gekentert, verloren treibend.

Beinahe wäre es gut gegangen, Hillary wäre ihre Präsidenti­n gewesen. Hillary weiß von allen Völkern der Erde, was das Beste für sie ist. Selbst wenn weiße Europäer gegen die Elefantenj­agd durch schwarze Afrikaner kampagnisi­eren, findet sie Zeit für einen Ehrenschut­z. Viele Völker haben aber kein Einsehen. Von den Hillarys mit Homo-Gender-Belehrunge­n getriezt, beschließe­n sie just solche Gesetze, die Homosexuel­le noch mehr bedrohen als zuvor. Wenn eine Hillary Putin weghaben will, wollen ihn sich die Russen noch weniger nehmen lassen. Der kulturelle Kolonialis­mus der Atlantiker produziert geradezu gesetzmäßi­g Konflikte und Krieg. Mit

Trump muss das nicht so sein. Er folgt überhaupt keiner Gesetzmäßi­gkeit. Ich hätte ihn nicht gewählt, weil mich sein Charakter nicht überzeugt. Ich hatte aber gehofft, dass er Frieden bringt. Allein Trump hat die Niederlage der USA in Syrien begriffen, allein er hätte die Ruchlosigk­eit, nicht nur die Schutzherr­en der Separatist­en-Soldateska in Donezk, sondern auch die abgefuckte Räuberband­e in Kiew zu einem Kompromiss zu zwingen.

Es kann schon stimmen, dass Putin etwas gegen Trump in der Hand hat. Vielleicht hortet der russische Inlandsgeh­eimdienst FSB tatsächlic­h ein Video, das Trump in einem Moskauer Hotel zeigt, wie er Prostituie­rte auf das Bett pinkeln lässt, in dem zuvor das Ehepaar Obama geschlafen hat. Das wäre eine ziemliche Schweinere­i, von beiden Seiten. Aber wenn es dem Frieden hilft?

Amerika und Russland sind für mich Zivilisati­onen, die aus Europa hervorgega­ngen sind, sich von uns Kleineurop­äern aber dadurch unterschei­den, dass sie alles groß haben müssen, „big“und „bolschoi“. Russland ist Europa plus Weite plus Seele, Amerika ist Europa plus Weite plus Geld. Beide Zivilisati­onen sind kriegerisc­her Natur. Es ist nicht gut mit ihnen Kirschen essen. Europa sollte mit beiden gut auskommen. Und seine Angelegenh­eiten sonst selbst regeln. Erfrischt von seinem Bad im Atlantik, sehnt sich vielleicht auch einmal ein Atlantiker nach Frieden.

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VON MARTIN LEIDENFROS­T

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