Benzin, Bier und Business
Formel 1. Spielberg erwartet den Ansturm von 180.000 Besuchern, RB Racing hofft weiter auf den ersten Heimsieg. Auf dem Campingplatz hat die Heerschar von Verstappen-Fans längst gewonnen.
Für Österreich ist die Formel 1 ein exklusives Event. Einmal im Jahr drehen in Spielberg die Boliden der Königsklasse ihre Runden, und trotzdem ist es wie beim Roulette. Manchmal drängen die Massen seit 2014 – dank der Investitionen von Dietrich Mateschitz – zur Strecke. Oder, sie bleiben ihr in Scharen fern. Hat RB Racing Erfolg, geben PS-Patrioten sofort kurz Vollgas. Immerhin ertönt ja die Hymne bei der Siegerehrung.
Dann fällt es nicht weiter ins Gewicht, dass seit 2010 (Christian Klien, HRT) kein Österreicher mehr mitfährt. Oder aber Preise (445 € Start-Ziel-Tribüne) und andere Unterhaltungsprogramme wie Urlaubsbeginn oder FußballWM Vorrang haben. Zur 30. Auflage des Großen Preis von Österreich (Sonntag, 15.10 Uhr, live ORF1) aber erwartet man den zweitbesten Besuch seit der F1-Rückkehr im Jahr 2014. 180.000 Besucher sollen am Rennwochenende in Spielberg gezählt werden. Ganz ohne Steuergeld und staatli- che Subventionen – in Österreich tatsächlich exklusiv.
Bei vielen Rennställen herrscht aber Unmut. Der von F1-Eigentümer „Liberty Media“zu dicht geschnürte Terminkalender plagt Logistik und Reisebereitschaft. Drei Rennen binnen dreier Wochen seien ein Novum, zugleich auch ein „Unsinn“, ärgerte sich etwa Toto Wolff, Teamchef bei Mercedes. Auch Helmut Marko, Ratgeber des Hausherren RB Racing, kann den Rennen in Le Castellet, Spielberg und Silverstone nichts abgewinnen. Damit büße man an „Eventcharakter ein“, so der Tenor.
Rund um den Ring drehen sich die Gespräche um Lewis Hamilton, der als WM-Führender auf den fünften Mercedes-Sieg in Spielberg spitzt. Die Posse um seine Vertragsverlängerung – Länge und Dotation sind ausverhandelt, nur die Freigabe für andere PR-Auftritte offen – liefert in der Obersteiermark ebenso Nebengeräusche wie die weiterhin heiß kolportierte Übernahme des Force-India- Rennstalls durch den österreichischen Wasserspezialisten BWT.
Die Formel 1 ist immer ein Geschäft, vor allem (noch) für Motorenhersteller. Mit Saisonende trennen sich Renault und RB Racing, vertraut der Mateschitz-Rennstall fortan auf Honda-Aggregate. Was anfänglich noch Kopfschmerzen, im Longrun jedoch große Freude bereiten kann, schien für Marko die einzig vernünftige Lösung. Stolz schilderte er die Entscheidungsfindung vor dem pompösen, ob des dichten F1-Terminkalenders wegen aber bloß geborgten (MotoGP)Motorhomes. „Wir haben nächstes Jahr Siegchancen.“
Der Steirer, 75, glaubt deshalb, dass Daniel Ricciardo bleiben könnte, weil man bessere Optionen und Aussichten bieten könne. Noch aber sind die Gerüchte rund um einen Wechsel zu Ferrari (Kimi Räikkönen soll aussteigen) oder McLaren (wenn Alonso in die IndyCar-Serie wechselt) nicht verstummt. Schafft der Australier aber den ersten RB-Heimsieg in Spielberg, würde man ihm vermutlich noch an Ort und Stelle ein Denk- mal setzen. Der Pilot strahlte, seine Pressekonferenz avancierte zu einem flotten Kabarett. „Mein dritter Saisonsieg nach China und Monaco wäre natürlich wunderbar“, posaunte der WM-Dritte hinaus. Zudem wäre es für ihn auch ein Geschenk, er wird am Sonntag 29 Jahre alt. Im Vorjahr stand Ricciardo als Zweiter bereits auf dem Podest.
Im Motorsport liefert man sich aber auch abseits der Rennstrecke stets ein Wettrennen. Im Catering-Bereich herrscht dichtes Gedränge. 100.000 Paar Würstel, 200.000 Flaschen Mineralwasser, tonnenweise Fleisch, LKW-Ladungen voll Bier und 400 Tischgarnituren, sie prägen das Bild rund um den heuer gut besuchten, von 18.000 MaxVerstappen-Fans eroberten Campingplatz. In diesem Punkt ist die Supermarktkette Hofer bereits der größte Gewinner. Vis-`a-vis des Einganges thront in der Wiese eine mobile „Filiale“, der Andrang ist gewaltig. Die Formel 1 ist eben ein exklusives Event.
Heute, ab 15 Uhr.