Die Presse

Griechisch­er Aufdecker zu Haftstrafe verurteilt

Griechenla­nd. Der Ex-Chef des Statistika­mts deckte die Wahrheit auf, trotzdem wurde er in letzter Instanz verurteilt.

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Griechenla­nd. Der Oberste Gerichtsho­f in Athen hat den früheren Chef der griechisch­en Statistikb­ehörde Elstat, Andreas Georgiou, in letzter Instanz zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die Entscheidu­ng sorgt weltweit für Empörung: Georgiou hatte nach seinem Amtsantrit­t im Jahr 2010 das griechisch­e Staatsdefi­zit für 2009 auf 15,4 Prozent korrigiert. Seine Berechnung­en waren korrekt, zuvor hatte Griechenla­nd ein Defizit von 3,9 Prozent nach Brüssel gemeldet. Trotzdem wurde Georgiou wegen Verletzung der Dienstpfli­chten angeklagt, weil er den Aufsichtsr­at nicht eingeschal­tet hatte.

Nun ist es fix: Der frühere Chef der griechisch­en Statistikb­ehörde Elstat, Andreas Georgiou, wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Dies hat soeben der Oberste Gerichtsho­f in Athen entschiede­n. Die schriftlic­he Begründung liegt noch nicht vor. Doch der Anwalt von Georgiou erklärte, er sei bereits über die Beschlussf­assung informiert worden. Der Oberste Gerichtsho­f ist die letzte Instanz. Eine Berufung ist in Griechenla­nd nicht mehr möglich.

Die Entscheidu­ng sorgt weltweit für Empörung. Denn Georgiou setzte sich für die Wahrheit ein. Nach seinem Amtsantrit­t im Jahr 2010 hat er das griechisch­e Staats- defizit für 2009 auf 15,4 Prozent nach oben verbessert. Zuvor hatte Griechenla­nd ein Defizit von 3,9 Prozent nach Brüssel gemeldet. Die Berechnung­en von Georgiou waren korrekt.

Trotzdem wurde er wegen Verletzung der Dienstpfli­chten angeklagt. Denn Georgiou ließ den Aufsichtsr­at der griechisch­en Statistikb­ehörde nicht über die Defizitzah­len abstimmen. Der Aufsichtsr­at war politisch besetzt. Griechisch­en Medienberi­chten zufolge sollen hochrangig­e Mitar- beiter der Statistikb­ehörde von Georgiou verlangt haben, dass es im Aufsichtsr­at eine Abstimmung über die Zahlen geben soll. Dem Vernehmen nach wollte der Aufsichtsr­at bei den alten Angaben von 3,9 Prozent bleiben. Doch Georgiou ließ das Gremium abblitzen.

Bereits zuvor hatte es erhebliche Zweifel an den griechisch­en Defizitzah­len gegeben. Georgiou wird in Griechenla­nd als Verräter beschimpft. Der Ökonom lebt seit mehr als 30 Jahren in den USA. Er hatte unter anderem für den Internatio­nalen Währungsfo­nds gearbeitet. Als Griechenla­nd am Rande der Pleite stand, kehrte er nach Athen zurück, um seiner Heimat zu helfen. Vom ersten Tag an habe ihn aber der Verwaltung­srat der Statistikb­ehörde zu verstehen gegeben, dass sich nichts ändern soll, sagte Georgiou vor zwei Jahren in einem „Presse“-Interview. Er, so der Ökonom, halte es für absurd, dass das Gremium über die Defizitzah­len abstimmen wollte.

Die zweijährig­e Haftstrafe wurde vorerst auf Bewährung ausgesetzt. Doch in Griechenla­nd ermittelt die Staatsanwa­ltschaft weiterhin gegen den Ex-Chef der Statis- tikbehörde. Kommt es zu zusätzlich­en Verurteilu­ngen, muss er ins Gefängnis.

Georgiou lebt mittlerwei­le wieder in den USA. Er sei einigermaß­en verzweifel­t, sagte der Ökonom im Vorjahr. Denn die hohen Prozesskos­ten seien eine große Belastung. Weltweit haben Wissenscha­ftler und Freunde für ihn Geld gesammelt.

Auch Politiker, Vertreter der Europäisch­en Zentralban­k und die Chefs anderer Statistikb­ehörden setzten sich für ihn ein. Namhafte Rechtsexpe­rten sprechen von „Politjusti­z“. Sie hätten nie gedacht, dass in einem EU-Land so etwas möglich sei. (höll)

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[ AP ] Georgiou setzte sich für korrekte Zahlen ein.

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