Welches Tier heute ähnelt den Dinosauriern am meisten?
Sie haben Federn und legen Eier: Vögel gelten als die engsten Verwandten der vor 66 Millionen Jahre ausgestorbenen Landwirbeltiere.
Die Frage kam aus einem Kinderspiel, einmal mehr meinten die zunächst eher schweigsamen Erwachsenen, etwas gelernt zu haben. Das Huhn solle den Dinosauriern von allen heute noch lebenden Tieren am ähnlichsten sein, hieß es. Doch das warf zugleich neue Fragen nach den Gemeinsamkeiten der scheinbar ungleichen Geschöpfe und der von manchem Laien eher vermuteten Nähe zu Reptilien auf.
Tatsächlich ist es nicht das Huhn allein, sondern die Vögel überhaupt, die am nächsten mit den Dinosauriern verwandt sind. „Wir wissen heute relativ sicher, dass sich diese aus einer bestimmten Gruppe von Dinosauriern entwickelt haben“, erklärt die Paläontologin Ursula Göhlich vom Naturhistorischen Museum Wien. Vögel seien heute im biologischen Sinn keine eigene Klasse mehr, sie werden den Avianen Theropoden, zweibeinig laufenden, meist Fleisch fressenden Dinosauriern zugerechnet.
Sucht man bei noch lebenden Wirbeltieren nach Verwandten der Vögel, landet man sehr wohl bei den Reptilien – und beim Krokodil. Das bedeute aber nicht, dass diese die Ahnväter der Vögel sind, sagt die Forscherin: „Wir Menschen sind ja auch mit einem Cousin dritten Grades verwandt, ohne von ihm abzustammen.“
Gleich zwei Eier im Nest
Fossilienfunde aus den 1990er-Jahren zeigten häufig Übergangsformen zwischen bestimmten Dinosauriergruppen und Vögeln. Diese wiesen Merkmale auf, die lang nur für Vögel typisch waren: Sie hatten Federn, flogen aber ursprünglich nicht. Lediglich beim Microraptor vermutet man heute, dass er das konnte. Die Tiere regu- lierten mit den Federn vielmehr ihre Körpertemperatur, tarnten oder schmückten sich. So wie die Vögel legten auch die Dinosaurier hartschalige Eier. Während Vögel aber immer nur ein Ei legen, beobachtete man in Nestfunden von Dinosauriern, dass diese zwei Eier auf einmal gelegt, also wohl auch zwei Eileiter hatten.
Vögel brauchen beim Fliegen ständig Sauerstoff, sie atmen anders als der Mensch. Ähnlich wie bei einem Dudelsack wird aus speziellen Luftsäcken – im Bauch und in den Hohlräumen der Knochen – ständig Luft gesogen. Man gehe davon aus, dass auch bei Dinosauriern die Vertiefungen an den Halswirbeln mit solchen Luftsäcken gefüllt waren, sagt Göhlich. So versorgten sich die großen Tiere nicht nur mit Sauerstoff, sondern hätten dadurch auch das Gewicht der oft sehr langen Hälse reduziert. Weitere Gemeinsamkeiten reichen in anatomische Details hinein. Die Gruppe der Maniraptora („Handräuber“) etwa hatte einen halbmondförmigen Knochen im Handgelenk. Dieser erlaubte es Dinosauriern – so wie heute Vögeln –, die Flügel einzuklappen. Ebenso findet man da wie dort zwei vorn verwachsene Schlüsselbeine. „Bei Vögeln stabilisieren diese das Schulterskelett für die kräftige Flugmuskulatur, das gab es aber schon weit früher in ihrer Entwicklungslinie.“
Göhlichs aktueller Forschungsfokus liegt vor allem auf fossilen Vögeln und fossilen Elefanten, die lang vor den Mammuts lebten. Sie erzählt von einer Vielzahl an Fossilien bereits ausgestorbener Tiere und auch Pflanzen, die in Bosnien und Herzegowina entdeckt wurden: Durch Fundstellen in ganz Europa lasse sich auf die einstige geografische Verbreitung der Arten rückschließen.