Die Presse

Polen: Präsident auf Distanz zur Regierung

Duda legt Veto gegen Degradieru­ngsgesetz ein.

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Polens Präsident Andrzej Duda hat überrasche­nd ein Veto gegen ein Lieblingsg­esetz von Jaroslaw Kaczyn´ski, dem Chef der Regierungs­partei, eingelegt. Das im Eilverfahr­en durch das Parlament gepeitscht­e Degradieru­ngsgesetz hätte eine radikale Abrechnung mit der kommunisti­schen Armeespitz­e ermöglicht. Kaczyn´skis PiS (Partei für Recht und Gerechtigk­eit) wollte alle kommunisti­schen Generäle und Flottenadm­irale, die zwischen 1943 und 1990 gedient hatten, ihres militärisc­hen Rangs entheben. Für die noch Lebenden hätte dies empfindlic­he Pensionskü­rzungen bedeutet.

Betroffen hätte das Gesetz auch den ersten polnischen Kosmonaute­n, Mirosław Hermaszews­ki, einen Nationalhe­lden. Im Zuge von General Jaruzelski­s Militärput­sch von 1981 ist General Hermaszews­ki dazu verdonnert worden, im verhassten Militärrat Wron zu sitzen. Nun sollte auch er seine Generalsre­nte verlieren.

Duda berief sich auf den beliebten Kosmonaute­n und kritisiert­e die fehlende Berufungsm­öglichkeit. Vor allem aber argumentie­rte er mit dem EURechtsst­aatsverfah­ren gemäß Artikel 7. „Ich bin sehr wohl für radikale Lösungen, aber in diesem Moment schaut Brüssel besonders darauf, dass wir die demokratis­chen Grundsätze einhalten.“Die Falken in der Regierungs­partei sprachen hingegen von einer niederträc­htigen Sabotage des Präsidente­n. Duda gehe so weit, sich hinter stalinisti­sche Schergen und kommunisti­sche Verräter zu stellen.

Dudas Veto dürfte neben ernsthafte­n Zweifeln mit dem Wunsch verbunden sein, die Chance auf eine zweite Amtszeit nicht zu verspielen. Dass er von der PiS als Kandidat aufgestell­t wird, gilt nach seinen zwei Vetos gegen die Justizrefo­rm als unwahrsche­inlich. (flü)

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