Der verhinderte Erzbischof
I n diesen Tagen feiert er seinen 75. Geburtstag. Und als Priester wird er gehorsam um den Ruhestand einkommen. Das Pensionsgesuch wird wohl nicht angenommen werden. Denn der Dechant von Wien-Währing, Pfarrer Norbert Rodt aus Gersthof, ist so gut wie unentbehrlich. Selbst das Stahlbad einer gezielten „Medienkampagne“hat er nahezu unbeschadet überstanden.
Das war 1985. Als Franz König als Erzbischof von Wien in Pension gegangen war, herrschte Vakanz. Ein Dreivierteljahr lang. Als Nachfolgekandidaten wurde über die Weihbischöfe Florian Kuntner und Helmut Krätzl spekuliert. Und eventuell ein noch unbekannter Seelsorger. Es schwirrte nur so von Namen, keine Zeitung wusste irgendetwas, der Vatikan wohl auch noch nicht. Also setzte die (inzwischen längst verblichene) Falk-Gazette „Täglich alles“wirklich „alles“auf eine Karte: Zwei Reporter tauchten bei Norbert Rodt auf und baten den Verblüfften, vor seiner Kirche Aufstellung zu nehmen. Keine Angst: Man mache nur eine Serie über diverse Berufe, da fehle noch ein Pfarrer. „Bitte lächeln! Und . . . danke!“
Drei Tage später sah sich Rodt zu seinem Entsetzen auf Seite 1 mit der überdimensionalen Überschrift: „Der neue Erzbischof von Wien!“Eine wahrlich exklusive Meldung. Das sollte sie auch bleiben. Helmut Krätzl soll nicht sehr amüsiert gewesen sein. (hws)