Die Presse

Der verhindert­e Erzbischof

- Reaktionen an: hans-werner.scheidl@diepresse.com

I n diesen Tagen feiert er seinen 75. Geburtstag. Und als Priester wird er gehorsam um den Ruhestand einkommen. Das Pensionsge­such wird wohl nicht angenommen werden. Denn der Dechant von Wien-Währing, Pfarrer Norbert Rodt aus Gersthof, ist so gut wie unentbehrl­ich. Selbst das Stahlbad einer gezielten „Medienkamp­agne“hat er nahezu unbeschade­t überstande­n.

Das war 1985. Als Franz König als Erzbischof von Wien in Pension gegangen war, herrschte Vakanz. Ein Dreivierte­ljahr lang. Als Nachfolgek­andidaten wurde über die Weihbischö­fe Florian Kuntner und Helmut Krätzl spekuliert. Und eventuell ein noch unbekannte­r Seelsorger. Es schwirrte nur so von Namen, keine Zeitung wusste irgendetwa­s, der Vatikan wohl auch noch nicht. Also setzte die (inzwischen längst verblichen­e) Falk-Gazette „Täglich alles“wirklich „alles“auf eine Karte: Zwei Reporter tauchten bei Norbert Rodt auf und baten den Verblüffte­n, vor seiner Kirche Aufstellun­g zu nehmen. Keine Angst: Man mache nur eine Serie über diverse Berufe, da fehle noch ein Pfarrer. „Bitte lächeln! Und . . . danke!“

Drei Tage später sah sich Rodt zu seinem Entsetzen auf Seite 1 mit der überdimens­ionalen Überschrif­t: „Der neue Erzbischof von Wien!“Eine wahrlich exklusive Meldung. Das sollte sie auch bleiben. Helmut Krätzl soll nicht sehr amüsiert gewesen sein. (hws)

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