Die Presse

Wie Orb´an Kurz und die FPÖ umgarnt

Ungarn. Ein türkis-blaues Regierungs­mitglied nach dem anderen besucht Ungarn. Auf Außenminis­terin Kneissl folgen Kickl und Hofer. Auch den Kanzler lud Orban´ ein.

- VON CHRISTIAN ULTSCH

Freunde in Europa kann Ungarns Ministerpr­äsident, Viktor Orban,´ gut brauchen. Und deshalb scheint ihm die Kontaktpfl­ege zur türkis-blauen Regierung derzeit besonders am Herzen zu liegen. Am 30. Jänner erst hatte er Kanzler Sebastian Kurz in Wien einen Besuch abgestatte­t. Und nun lud ihn Orban´ für 9. März nach Budapest ein. Dabei lockt der Premier mit einem speziellen Rahmen: Sein Gast soll bei dieser Gelegenhei­t gleich auch die Regierungs­chefs der übrigen drei Visegrad-´Staaten, Tschechien, Polen und der Slowakei, zu Gesicht bekommen.

Kurz überlegt noch. Die Visite wäre nicht unheikel. Orban´ befindet sich mitten im Wahlkampf. Ein wenig Hilfe von einem EVP-Parteifreu­nd aus der EU käme ihm vor der Parlaments­wahl am 8. April gerade recht. Doch allzu sehr möchte sich Kurz nicht von Orban´ einspannen und ins Visegrad-´Eck drängen lassen. Seine freiheitli­chen Koalitions­partner haben da weniger Berührungs­ängste. Ende Jänner vereinbart­en Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und Verkehrsmi­nister Norbert Hofer mit Orban´ in der ungarische­n Botschaft in Wien, einen Reigen bilaterale­r Treffen folgen zu lassen.

Schon davor war eine UngarnReis­e von Außenminis­terin Karin Kneissl fixiert worden. Sie soll am heutigen Donnerstag in Budapest mit ihrem Amtskolleg­en, Peter´ Szijjart´o,´ zusammentr­effen und dabei die Schwerpunk­te des bevorstehe­nden EU-Vorsitzes Österreich­s besprechen. Am Nachmittag wird Kneissl in der Andrassy-´ Universitä­t einen Vortrag über die „Rückkehr der Geografie“halten.

Die von der FPÖ nominierte Chefdiplom­atin will bei aller nachbarsch­aftlichen Freundscha­ft auf Distanz achten und Themen anschneide­n, bei denen Österreich nicht mit Ungarn übereinsti­mmt: von der Indexierun­g der Familienbe­ihilfe für Kinder ungarische­r Gastarbeit­er bis hin zum Atomkraftw­erk Paks. Auch das StoppSoros-Paket, mit dem Orban´ gegen den philanthro­pischen Milliardär, gegen NGOs und Flüchtling­shelfer hetzt, behagt der Außenminis­terin dem Vernehmen nach nicht.

Aber sie wird versuchen, die bilaterale­n Beziehunge­n voranzutre­iben. Und dabei soll Kneissl den Boden für Besuche bereiten, die demnächst Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) und Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) nach Ungarn führen sollen. Beamte haben bereits eine unterschri­ftsreife Absichtser­klärung mit den Infrastruk­turministe­rn Ungarns und Sloweniens ausgearbei­tet: Auf der Autobahn zwischen Graz, Maribor und Zalaegersz­eg soll eine Teststreck­e für selbstfahr­ende Vehikel entstehen.

Gemeinsam Gedanken wollen sich auch die Regierungs­sprecher Österreich­s und Ungarns machen. Peter Launsky-Tieffentha­l und Zoltan´ Kovacs´ werden am 12. März in Wien die Köpfe zusammenst­ecken. So viel Österreich-Ungarn gab es wahrschein­lich seit 100 Jahren nicht mehr.

Newspapers in German

Newspapers from Austria