Lifestyle in Favoriten
Austria braucht dringend eine Autorität auf der Trainerbank.
Trainerentlassungen werden im Fußball zumeist von interessanten Nebengeräuschen begleitet. Muss ein Betreuer, etwa Thorsten Fink bei Austria, seinen Hut nehmen, beginnt bei manchen Klubs offenbar die eigentliche Ursachenforschung erst so richtig. Im Fall der Violetten irritiert da allerhand.
Manch Profi, platzte es nach Finks Ende aus dem für sportliche Belange hauptverantwortlichen Franz Wohlfahrt, habe über die Stränge geschlagen. Es gebe in Favoriten gehörige Auffassungsunterschiede in puncto Lifestyle, also der Abendbeschäftigung. Man hätte Konsequenzen erwogen, von der Suspendierung jedoch Abstand genommen.
Warum verrät Wohlfahrt das gerade jetzt? Und, ist das kein kapitales Eigentor? Damit wurde sowohl die Erziehungsmaßnahme eines Spielers als auch die große Chance vertan, ein in der Mannschaft dringend benötigtes Ordnungssignal zu setzen. Mit diesem Gemurkse ist der Europacup nur noch eine Illusion.
Dass nur Fink die Konsequenzen für den Absturz tragen muss, ist die Kehrseite des Fußballgeschäfts. Den Trainer auszutauschen ist eben leichter als eine Mannschaft, der seit Jahren ein starker, extrovertierter Anführer von der Größenordnung eines Andreas Ogris fehlt und deren Spielerabgänge im vergangenen Sommer schlecht kompensiert worden sind. Nur, Fink tätigte diese Fehlkäufe allein, Wohlfahrt war daran nicht beteiligt?
Am Verteilerkreis wäre ein starker Mann dringend nötig. Ein Coach, der die Autorität verkörpert und Problemzonen nicht erst Wochen später ausplaudert, sondern sofort ausräumt. Einer, der das einfallslose, monoton auf Holzhauser ausgerichtete System kippt. Ein Fachmann, der treffsichere Stürmer engagiert.
Wohlfahrt wäre gut beraten, den Richtigen zu finden. An dessen Erfolg hängen nicht nur Austrias Gedeih und der Traum vom Europacup im neuen Stadion, sondern seine eigene Karriere. Auch das ist Lifestyle: Nicht jeder Fußballer wird automatisch ein guter Trainer. Und nicht jeder Tormann taugt als Sportdirektor.