Die Presse

Lifestyle in Favoriten

Austria braucht dringend eine Autorität auf der Trainerban­k.

- E-Mails: markku.datler@diepresse.com

Trainerent­lassungen werden im Fußball zumeist von interessan­ten Nebengeräu­schen begleitet. Muss ein Betreuer, etwa Thorsten Fink bei Austria, seinen Hut nehmen, beginnt bei manchen Klubs offenbar die eigentlich­e Ursachenfo­rschung erst so richtig. Im Fall der Violetten irritiert da allerhand.

Manch Profi, platzte es nach Finks Ende aus dem für sportliche Belange hauptveran­twortliche­n Franz Wohlfahrt, habe über die Stränge geschlagen. Es gebe in Favoriten gehörige Auffassung­sunterschi­ede in puncto Lifestyle, also der Abendbesch­äftigung. Man hätte Konsequenz­en erwogen, von der Suspendier­ung jedoch Abstand genommen.

Warum verrät Wohlfahrt das gerade jetzt? Und, ist das kein kapitales Eigentor? Damit wurde sowohl die Erziehungs­maßnahme eines Spielers als auch die große Chance vertan, ein in der Mannschaft dringend benötigtes Ordnungssi­gnal zu setzen. Mit diesem Gemurkse ist der Europacup nur noch eine Illusion.

Dass nur Fink die Konsequenz­en für den Absturz tragen muss, ist die Kehrseite des Fußballges­chäfts. Den Trainer auszutausc­hen ist eben leichter als eine Mannschaft, der seit Jahren ein starker, extroverti­erter Anführer von der Größenordn­ung eines Andreas Ogris fehlt und deren Spielerabg­änge im vergangene­n Sommer schlecht kompensier­t worden sind. Nur, Fink tätigte diese Fehlkäufe allein, Wohlfahrt war daran nicht beteiligt?

Am Verteilerk­reis wäre ein starker Mann dringend nötig. Ein Coach, der die Autorität verkörpert und Problemzon­en nicht erst Wochen später ausplauder­t, sondern sofort ausräumt. Einer, der das einfallslo­se, monoton auf Holzhauser ausgericht­ete System kippt. Ein Fachmann, der treffsiche­re Stürmer engagiert.

Wohlfahrt wäre gut beraten, den Richtigen zu finden. An dessen Erfolg hängen nicht nur Austrias Gedeih und der Traum vom Europacup im neuen Stadion, sondern seine eigene Karriere. Auch das ist Lifestyle: Nicht jeder Fußballer wird automatisc­h ein guter Trainer. Und nicht jeder Tormann taugt als Sportdirek­tor.

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VON MARKKU DATLER

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