Schwungvoll mit der „Maske in Blau“in den Operettenfrühling
Bühne Baden. Eine zündende Bühnenshow gelang Regisseur Thomas Enzinger mit Fred Raymonds melodienseliger Revue.
Auf Erfolgskurs steuert das Stadttheater Baden unter der neuen Intendanz. Aus dem Salzkammergut importiert, setzt Michael Lakner auf eine Mixtur aus Bewährtem und Rarem – und präsentierte charmanterweise als jüngste Premiere nach der erfolgreichen Wiederbelebung von Leo Falls „Kaiserin“eine Inszenierung seines Nachfolgers beim Lehar-´Festival Bad Ischl: Thomas Enzinger zeichnet für die schwungvolle Produktion von Fred Raymonds „Maske in Blau“verantwortlich, die vom Publikum herzlich akklamiert wurde.
Raymond, eigentlich Friedrich Raimund Vesely, komponierte eine ganze Reihe der populärsten Schlagermelodien der Zwischenkriegszeit, von „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“bis zu „Schau einer schönen Frau nie zu tief in die Augen“– und blieb nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland. Weshalb heutzutage jeder Wiederbelebungsversuch einer Raymond-Operette mit wortreichen Entschuldigungen durch die Dramaturgen einhergehen muss.
Der Verweis auf die Textdichter von Raymonds ersten Erfolgen genügt aber, um Zweifel an der Integrität des Komponisten auszuräumen – und eine Aufführung wie jene in Baden kommt auf diese Weise auch zu Einlagen wie „Ich hab das Fräul’n Helen baden sehn“, die zwar nicht zum Stück gehören, aber gut dazu passen – und von Fritz Grünbaum getextet wurden.
Im Übrigen muss man sich in Baden für gar nichts entschuldigen. „Maske in Blau“singt und tanzt an einer so sinnlos verblödelten Handlung entlang wie die meisten Produkte des Genres – aber man blödelt mit Methode. Allein die Abstufung zwischen dem patscherten Conferencier´ Jens Jankes und dem Temperamentsbündel von einer Köchin, Uschi Plautz, die beide ihre Pointen punktgenau setzen, ist verblüffend differenziert: Der Herr hat immer das Nachsehen; und zwar nicht, weil er schauspielerisch unterlegen wäre, sondern weil die Dramaturgie der Running Gags das von ihm fordert.
Enzingers Inszenierung funktioniert vom ersten Moment an wie am Schnürchen, bindet die lyrischeren Momente, für die Maya Boog als „Maske in Blau“und ihr Verehrer, der Künstler Jevenij Taruntsov, sorgen, als Ruhepunkte ein.
Stephan Paryla-Raky mischt das Geschehen als ungeschlachter Nebenbuhler auf, den keiner will, am allerwenigsten die umschwärmte Primadonna. Auch das muss man spielen können, ohne die gockelhafte Attitüde implodieren zu lassen – und es gelingt. Dass man in Baden einen Wettbewerb für brillante Belcantogesangstechnik erleben könnte, wird letztendlich niemand erwarten – doch das Tempo, die tänzerische Verve, mit der Caroline Frank als „Julischka aus Budapest“und Uli Scherbel als virtuoser stepptanzender Josef inmitten des exzellenten und rasant die Kostüme (Ausstattung: Toto) wechselnden Corps de Ballet über die Bühne fegen, sorgt für Kurzweil und anhaltende Begeisterung.
Das ist Unterhaltungstheater gekonnten Zuschnitts, das Orchester der Bühne Baden musiziert unter Oliver Ostermann mit dem entsprechenden Zund – es ist fein, dass ein Operettenstil solcher Prägung jetzt näher an Wien heranrückt, wo man den Umgang mit der leichten Muse in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ja ziemlich verlernt zu haben scheint.