Die Presse

„Bitcoin wird keine Konkurrenz für die Notenbanke­n“

Interview. Bitcoin werde das Finanzsyst­em nicht ins Wanken bringen, meint der Chef der LGT Bank Österreich, Meinhard Platzer. Blockchain oder ähnliche Technologi­en könnten aber auf lange Sicht Banken weitgehend überflüssi­g machen.

- VON JOSEF URSCHITZ

Die Presse: Herr Platzer, alle reden über Bitcoin. Sie auch? Haben Sie das in Ihren Kundenport­folios? Meinhard Platzer: Nein, wir sehen das nicht als Assetklass­e. Das ist für uns kein Anlageprod­ukt.

Warum eigentlich nicht? Bitcoin repräsenti­ert keinen messbaren Wert. Mit den vorhandene­n Bewertungs­methoden kann man das nicht beziffern, der Preis lässt sich ökonomisch nicht verstehen. Man muss da eher an die „Greater fool“-Theorie glauben, also daran, dass man einfach jemanden findet, der einem noch mehr bezahlt, als man selbst bezahlt hat.

Gold und Kunst haben auch keinen besonderen inneren Wert, trotzdem sind sie Anlageobje­kte. Das stimmt, aber bei Gold können wir auf 5000 Jahre Erfahrung zurückgrei­fen, und bei der Kunst, die ja einen emotionale­n Wert hat, existiert ein seit Langem funktionie­render Markt. Das kann man schwer vergleiche­n.

Mit Gold hat Bitcoin immerhin gemein, dass es nicht beliebig inflationi­erbar ist. Ist das so? Es gibt immerhin Erweiterun­gen durch Abspaltung, und es gibt auch immer wieder Codeänderu­ngen. Dazu kommt, das 50 Prozent des Markts in der Hand von nur 1000 Leuten sind, die die Richtung bestimmen. Da ist der Unterschie­d zu Zentralban­ken, bei denen einige wenige darauf schauen, dass der Geldwert halbwegs passt, nicht so gewaltig.

Jetzt sickert Bitcoin aber durch die Emission von Futures in den Anlagemain­stream ein, und durch die Auflage von Minifuture­s in der Schweiz können auch Kleinanleg­er daran teilnehmen. Wird es damit nicht zum Problem für das gesamte Finanzsyst­em? Derzeit sehe ich keine großen Auswirkung­en. Dazu ist der Markt zu klein, und es fehlt auch der Realbezug zur Wirtschaft. Gut, wer kauft, kann verlieren, aber das bringt das System nicht ins Wanken. Problemati­sch für das Finanzsyst­em wird es erst, wenn beispielsw­eise Banken anfangen würden, Hypotheken in Bitcoin zu vergeben. Das zeichnet sich aber noch nicht ab.

Die zunehmend nervöse Reaktion der Notenbanke­n deutet aber schon darauf hin, dass hier eine Konkurrenz für das traditione­lle Geldsystem heranwächs­t, oder? Bitcoin wird keine Konkurrenz für die Notenbanke­n. Wohl aber die Blockchain-Technologi­e. Das Problem, das man mit Bitcoin lösen könnte, sehe ich nicht. Das ist derzeit pure Spekulatio­n. Allerdings befassen sich praktisch alle Banken intensiv mit der dahinterli­egenden Technologi­e und mit möglichen Applikatio­nen darauf . . .

. . . die die Banken selbst weitgehend überflüssi­g machen könnten. Das stimmt. Langfristi­g gesehen rationalis­ieren wir da den Großteil des eigenen Geschäfts weg. Die australisc­he Börse ist schon dabei, ihr System auf Blockchain umzustelle­n. Wir werden sehen, wie das ausgeht. Und in weiterer Ferne sehen wir schon Anwendunge­n, die Teile des Bankensyst­ems komplett ersetzen. Man kann dann ja vieles machen, ohne eine Bank zwi- schenzusch­alten. Möglicherw­eise wird das aber nicht die Blockchain sein, sondern ein Sammelsuri­um an Technologi­en. Alle große Banken arbeiten daran.

Was spricht da gegen die Blockchain? Beispielsw­eise der enorme Energiever­brauch und die Langsamkei­t der Transaktio­nen. So kann man kein Weltfinanz­system betreiben.

 ??  ?? Meinhard Platzer ist Ko-CEO der auf Private Banking und Asset Management spezialisi­erten LGT Bank Österreich mit Standorten in Wien und Salzburg. Sie ist eine Tochterges­ellschaft der liechtenst­einischen „Fürstenban­k“LGT. [ LGT Bank]
Meinhard Platzer ist Ko-CEO der auf Private Banking und Asset Management spezialisi­erten LGT Bank Österreich mit Standorten in Wien und Salzburg. Sie ist eine Tochterges­ellschaft der liechtenst­einischen „Fürstenban­k“LGT. [ LGT Bank]

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