Die Presse

Der Mann, der Teherans Krieg in Syrien und im Irak führt

Geheimdien­st. Qasem Soleimani befehligt Irans Militärope­rationen im Ausland. Laut kuwaitisch­en Medien ist er ins Visier Israels und der USA geraten.

- VON WIELAND SCHNEIDER

Er ist Teherans Mann fürs Grobe. Wann immer es gilt, im Nahen Osten die Interessen des iranischen Regimes – notfalls mit massiver Gewalt – durchzuset­zen, taucht er auf: Generalmaj­or Qasem Soleimani, Oberkomman­dierender der Quds-Einheiten. Sie sind eine Elitetrupp­e der iranischen Revolution­sgarden – zuständig für Sondermiss­ionen im Ausland. Glaubt man der kuwaitisch­en Zeitung „al-Jarida“, könnte der iranische Generalmaj­or jetzt selbst zur Zielscheib­e werden: Washington habe Israel grünes Licht für ein Attentat auf Soleimani gegeben, schreibt die kuwaitisch­e Zeitung. Schon vor drei Jahren seien die Israelis kurz davor gewesen, den Generalmaj­or nahe Damaskus zu töten. Damals habe die US-Regierung aber Teheran gewarnt und damit die Operation verhindert.

Israelisch­e Medien wie „Haaretz“griffen den Bericht der Zeitung „al-Jarida“auf. Eine Bestätigun­g dafür, dass der israelisch­e Geheimdien­st nun tatsächlic­h mit dem Sanktus Washington­s die Beseiti- gung des Quds-Chefs vorbereite­t, gibt es freilich nicht. Offizielle Stellen in den USA und Israel wollten den Bericht der kuwaitisch­en Zeitung nicht kommentier­en.

Eines steht fest: Die Regierunge­n in den USA, Israel und Saudiarabi­en verfolgen mit Argwohn, wie der Iran sukzessive seinen Einfluss ausgedehnt hat. Teherans wichtigste­s Instrument dafür sind Soleimanis Quds-Einheiten – der Generalmaj­or selbst ist gleichsam das prominente Gesicht dieser Machtpolit­ik. Irans Regime und seine Verbündete­n in der Region verehren den 60-Jährigen mit dem sorgfältig gestutzten, grauen Vollbart wie einen Popstar. Seine Gegner sind alarmiert, wenn sie von Soleimanis Ankunft erfahren.

Assads wichtiger Helfer

Der Kommandant der Quds-Einheiten war maßgeblich an der Aufrüstung der schiitisch­en Hisbollah im Libanon beteiligt. Die Hisbollah verfügt über enormen politische­n Einfluss, ihre Milizen gelten als schlagkräf­tiger als die offizielle libanesisc­he Armee. Israel sieht in der Hisbollah den langen Arm Te- herans an seiner Nordgrenze. 2006 tobte ein offener Krieg zwischen Israel und der Hisbollah.

Der iranische Generalmaj­or Soleimani und seine Männer sind auch eine wichtige Stütze des syrischen Präsidente­n Bashar al-Assad. Neben den russischen Luftschläg­en war es vor allem die Militärhil­fe Teherans und der Hisbollah, die Syriens Regime zurück auf die Siegerstra­ße führte. Soleimani organisier­te den Einsatz Tausender „Freiwillig­er“, iranischer Elitesolda­ten und Spezialist­en für Aufstandsb­ekämpfung. Anfangs richteten sich die Operatione­n gegen Syriens Opposition und diverse Rebellenei­nheiten, später auch gegen die Jihadisten des sogenannte­n Islamische­n Staates (IS).

Es war vor allem der Kampf gegen den IS, der Teherans Einfluss in der gesamten Region vergrößert­e – vor allem im Irak. Die IS-Extremiste­n sehen in den Schiiten, den Angehörige­n der zweiten großen Glaubensri­chtung im Islam, „Ungläubige“. Der schiitsche „Gottesstaa­t“Iran ist für den IS ein zentrales Feindbild – auch, weil er seit Jahren die schiitisch geprägte Regierung in Bagdad unterstütz­t.

Als Iraks Regierung 2014 durch die Aufstände sunnitsche­r Stämme und den Vormarsch des IS in Be- drängnis geriet, war Soleimani zur Stelle. Er half bei der Mobilisier­ung irakischer Freiwillig­enverbände. Und er tauchte immer wieder auf dem Schlachtfe­ld auf, um Iraks Milizionär­e und Soldaten im Gefecht anzuleiten – etwa bei der Vertreibun­g des IS aus Tikrit. Damit ergab sich eine bizarr anmutende Situation: Soleimani und seine iranischen Spezialkrä­fte halfen Iraks Truppen am Boden, die Luftunters­tützung kam dabei von den USA.

Konflikt in Iraks Kurdenregi­on

Auch nach dem weitgehend­en Sieg über den IS blieb der Quds-Kommandant im Irak aktiv. Ende September eskalierte­n nach dem kurdischen Unabhängig­keitsrefer­endum die Spannungen zwischen Bagdad und Iraks Kurdenregi­on. Da erschien Soleimani erneut auf der Bildfläche. Er ließ sich beim Gebet am Grabmal des kurz zuvor verstorben­en kurdischen Spitzenpol­itikers Jalal Talabani fotografie­ren und traf kurdische Funktionär­e. Wenig später rückten schiitisch­e Milizen in die Stadt Kirkuk ein – die kurdischen Peschmerga zogen sich zum Teil kampflos zurück.

 ?? [ EPA ] ?? Der oberste Führer und sein General. Ayatollah Ali Khamenei (l.) wird bei einer religiösen Veranstalt­ung von Qasem Soleimani, dem Chef der QudsEinhei­ten, begrüßt.
[ EPA ] Der oberste Führer und sein General. Ayatollah Ali Khamenei (l.) wird bei einer religiösen Veranstalt­ung von Qasem Soleimani, dem Chef der QudsEinhei­ten, begrüßt.

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